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Wie sinnvoll sind ADHS-Medikamente wirklich?

Shownotes

Wie fühlt es sich an, mit ADHS zu leben? Und was bewirken Medikamente wirklich? In dieser Folge von Mutti ist die Beste teilen drei ADHSler ihre persönlichen Erfahrungen und geben ehrliche Einblicke in ein Leben mit ADHS – die Höhen, die Tiefen und alles dazwischen.

Wir klären, wann eine Medikation sinnvoll ist – besonders bei Kindern –, und worauf bei der Dosierung geachtet werden muss. Doch Medikation ist nur ein Teil der Lösung: Welche Strategien und Verhaltensweisen sind im Alltag unabdingbar, um besser mit ADHS umzugehen?

Ob du selbst betroffen bist, ein Kind mit ADHS hast oder dich einfach fragst, wie ADHS das Leben beeinflusst: Diese Folge zeigt, was wirklich hilft und wie ein ganzheitlicher Umgang mit ADHS aussehen kann.

Hör rein und entdecke, wie man ADHS nicht nur bewältigen, sondern auch die eigenen Stärken damit nutzen kann!

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Transkript anzeigen

00:00:00: (Dynamische Musik)

00:00:01: Ich war ja letztens bei meinem Psychiater

00:00:08: für den letzten Termin von meiner Autismusdiagnostik. - Ja.

00:00:11: (Lachen)

00:00:13: Und ... genau, also ich hab jetzt die Autismusdiagnose

00:00:17: und ich hab ja aber auch ADHS, also Duja auch. - Ja.

00:00:21: Und wir nehmen ja auch seit ein paar Monaten schon ADHS-Medikamente

00:00:25: oder ich seit ein paar Monaten Duja schon immer mal wieder mal.

00:00:28: Auf jeden Fall hab ich meinen Psychiater ...

00:00:31: Also, er hat mich halt so gefragt, so wie es damit geht und so,

00:00:34: weil er halt auch meinte, dass Menschen mit Autismus sehr von ADHS-Medikamenten

00:00:38: auch profitieren zum Teil.

00:00:39: Weil dadurch eben einfach die Autismus-Symptome

00:00:42: auch irgendwie so ein bisschen besser werden. - Mhm.

00:00:45: Ähm, halt grade so Reiz, Filterschwäche und so,

00:00:48: ist ja auch ein Ding von ADHS.

00:00:50: Und ich glaub, der Stresspegel ist einfach dann generell niedriger,

00:00:54: was ja auch immer großen Einfluss auf solche Symptome hat.

00:00:57: Und dann haben wir uns dann noch so ein bisschen unterhalten.

00:01:00: Und dann meinte ich halt, dass mir das voll schwerfällt,

00:01:03: weil wir eigentlich irgendwo auch noch bald wieder ein Kinderwunsch haben.

00:01:07: Und ich halt dann einfach nicht weiß, ob ich das überhaupt schaffen kann,

00:01:11: quasi die Medikamente wieder abzusetzen und ...

00:01:14: für eine Schwangerschaft quasi, weil ich ja ...

00:01:17: durch die Medikamente jetzt zum Beispiel keine Panikattacken mehr habe.

00:01:21: Und so ist mir halt einfach so signifikant besser geht.

00:01:24: Ich hab auch instant dazu gefüttert, das anfangs abzuheulen.

00:01:27: Was glaubt ihr, was das war?

00:01:29: Dass du die Medikamente weiternehmen kannst?

00:01:32: Er hat mir gesagt, dass es keine Kontraindikation gibt,

00:01:35: während der Schwangerschaft die Medikamente nicht weiterzunehmen.

00:01:39: Und das fand ich irgendwie ...

00:01:41: Es heißt jetzt nicht, dass ich sofort schwanger werde

00:01:44: und sofort Medikamente weiternehmen möchte,

00:01:46: aber diese Aussicht, dass es jetzt keinen Druck quasi gibt,

00:01:49: Medikamente absetzen zu müssen.

00:01:51: Also, ob du zu dem und dem Zeitpunkt oder ohne die funktionieren zu müssen,

00:01:55: war irgendwie so eine krasse Erleichterung für mich.

00:01:58: Ja, ich kann es auch sehr nachvollziehen,

00:02:00: weil du da mit einer Schwangerschaft,

00:02:02: mit noch einem Kind einfach noch mehr Anforderungen hast.

00:02:05: Und gleichzeitig, wenn du die Medikamente absetzt,

00:02:08: immer Unsicherheit hast,

00:02:09: wie gut kann ich zur Anforderung gerecht werden?

00:02:12: Also schon der jetzigen Anforderung.

00:02:15: Und das total nachvollziehbar, dass das auch dann Grund sein kann,

00:02:19: dass man sagt, okay, ich kann jetzt nicht noch ein Kind bekommen,

00:02:22: weil ich weiß nicht, was passiert,

00:02:24: wenn ich die Medikamente nicht weiternehmen kann.

00:02:27: Ich glaube, dass viele, die sich das jetzt gerade anhören,

00:02:29: denken, dass es unverantwortlich ist, die Medikamente weiterzunehmen.

00:02:33: Und dass sich eben ganz viele, die sich gerade anhören,

00:02:36: denken, dass ich dann kein weiteres Kind bekommen sollte.

00:02:39: Und ich glaube, dass es viele denken,

00:02:41: obwohl sie vielleicht auch wissen,

00:02:42: dass es nicht okay ist, das zu denken oder so.

00:02:45: Ich weiß es nicht.

00:02:46: Aber ich glaube, es haben sich jetzt gerade ein paar erwischt erfüllt,

00:02:49: dass sie ein bisschen tiefer in das Thema ADHS-Medikamente eintauchen

00:02:52: und haben auch wieder unsere ADHS-Experten Amira dabei.

00:02:56: Hallo. - Hallo, Amira.

00:02:57: Magst du dich kurz selbst vorstellen?

00:02:59: Genau, ich bin Amira, ich komme aus Leipzig

00:03:01: und arbeite da als Ergotherapeutin,

00:03:04: spezifisch als ADHS-Coach.

00:03:06: Ich habe mich darauf spezialisiert und weitergebildet.

00:03:09: Und arbeite jetzt gerade mit 20 erwachsenen Personen

00:03:13: mit ADHS und/oder Autismus zusammen.

00:03:18: Und du hast selbst auch ADHS. - Genau.

00:03:21: Ja. - Genau.

00:03:22: Und wir drei haben alle ADHS, wir haben alle Erfahrungen ...

00:03:26: Yay. - Was?

00:03:28: Yay.

00:03:29: (Lachen)

00:03:30: Mit ADHS-Medikamenten gesammelt.

00:03:33: Und ich glaube, wir haben auch alle

00:03:35: unterschiedliche Erfahrungen damit gesammelt.

00:03:38: Wir wollten heute zum einen darüber sprechen,

00:03:40: wie sinnvoll ADHS-Medikamente,

00:03:42: wie wir das generell sinnvoll finden, was die machen.

00:03:45: Wir wollen auch darüber sprechen, wie das eigentlich ist,

00:03:48: wenn man jetzt zum Beispiel ein Kind mit ADHS hat.

00:03:50: Martin und ich haben beide ADHS.

00:03:52: Bei unseren Kindern stehen da auch Diagnosen im Raum.

00:03:55: Und wie das eigentlich ist, ob wir unseren Kindern

00:03:57: Medikamente geben würden oder nicht.

00:03:59: Früher hätte ich ganz klar gesagt, nein.

00:04:01: Heute, wo ich weiß, wie es mir mit Medikamenten geht,

00:04:04: tendiere ich zu einem sehr starken Jahr,

00:04:06: um das schon mal vorwegzunehmen.

00:04:08: Aber da werden wir jetzt auch noch mal in der Folge

00:04:11: näher drauf eingehen.

00:04:13: Wie ist es mit auseinandergesetzt,

00:04:14: warum Menschen mit ADHS überhaupt Medikamente brauchen?

00:04:17: Wir wissen ja, dass Menschen mit ADHS

00:04:20: eine andere Hirnstruktur haben als Menschen ohne ADHS.

00:04:23: Wisst ihr gerade so aus dem Ad hoc, was da genau anders ist?

00:04:27: Also, man unterscheidet da ja zwischen

00:04:30: verschiedenen Neurotransmittern.

00:04:33: Also, das sind quasi die Botenstoffe, die im Gehirn dafür verantwortlich sind,

00:04:37: dass die Kommunikation zwischen den Nerven funktioniert.

00:04:40: Und da gibt es verschiedene Neurotransmitter,

00:04:42: Dopamin und Neuatrenalin.

00:04:44: Und da wird quasi gesagt,

00:04:48: oder es ist so, dass die Dopamin- oder Neuatrenalin- Übertragung

00:04:53: nicht adäquat funktioniert im Gehirn

00:04:55: und dadurch eben Symptome entstehen,

00:04:58: wie zum Beispiel im Bereich der exekutiven Funktionen.

00:05:01: Exekutive Funktionen sind alles, was so Ordnen, Planen strukturieren,

00:05:06: aber auch tatsächlich so Impulsivität und so steuert.

00:05:09: Und da gibt es quasi Defizite oder Einschränkungen,

00:05:13: dadurch, dass die Neurotransmitter nicht richtig übertragen werden.

00:05:16: Ich wollte noch kurz exekutive Funktionen.

00:05:18: Ordnend, Plan, Strukturieren klingt so groß,

00:05:21: aber ich musste das auch erst mal erfahren,

00:05:24: dass das auch so was ist, wie man plant, in die Dusche zu gehen,

00:05:27: was halt neurotypische Menschen gar nicht planen.

00:05:29: Und für Menschen mit ADHS braucht es halt oft einfach, sozusagen,

00:05:32: planen, dass sie halt aktiv drüber nachdenken,

00:05:34: wie das jetzt funktioniert.

00:05:36: Also, ja, basically die Abfolge von Handlungen,

00:05:38: von den alltäglichsten Sachen sein. - Ja.

00:05:41: Was man ja immer so liest, ist, dass das ADHS-Gehirn

00:05:45: Dopaminmangel hat.

00:05:46: Es ist tatsächlich Dopaminmangel oder ist es Dopaminübertragung?

00:05:51: Dass Dopamin was existiert, also was quasi in dem synaptischen Spalt

00:05:56: ausgeschüttet wird, kann nicht adäquat von der anderen Synapse

00:05:59: aufgenommen werden.

00:06:00: Und es ist auch, glaub ich, weniger, so weit ich das gelesen habe.

00:06:03: Also, was auch so ist, ist bei ADHS-Gehirn,

00:06:06: ist es so, dass der Brief- und Tale Cortex generell unterentwickelt ist.

00:06:09: Also, gerade bei Kindern im Vergleich zu gleichaltrigen Kindern.

00:06:12: Und wir haben ja auch schon ganz viel in der Kooperationsfolge

00:06:15: darüber gesprochen, wie wichtig der Brief- und Tale Cortex

00:06:18: für bestimmte Handlungen ist, zum Beispiel für die Hemmung

00:06:21: von Impulsivität, aber auch für die Emotionsregulation,

00:06:25: für das Bewusste Denken und für das Analysieren

00:06:28: von bestimmten Situationen.

00:06:29: Also, der ist erst mal unterentwickelt.

00:06:31: Und außerdem ist der auch nicht so gut mit den anderen

00:06:34: Gehirnarealen vernetzt.

00:06:36: Also, die Konnektivität zwischen den Gehirnarealen

00:06:39: ist bei Menschen mit ADHS einfach so ein bisschen geringer

00:06:43: als bei neurotypischen Menschen, was dazu führt,

00:06:45: dass die Gehirnareal auch nicht so gut miteinander kommunizieren können.

00:06:49: Du hast ja gesagt, dass die einzelnen Gehirnnetzwerke

00:06:52: weniger miteinander verbunden sind.

00:06:54: Also, ist das nicht einfach nur, dass die schlechter

00:06:57: miteinander kommunizieren können,

00:06:59: weil weniger Botenstoffe quasi aufgenommen werden,

00:07:02: sondern die Verbindungen sind auch schwächer an sich, oder?

00:07:05: Die Verbindungen sind auch schwächer an sich,

00:07:07: weil es so ist, dass im Gehirn die Verbindungen,

00:07:10: die häufig genutzt werden, immer stärker werden.

00:07:12: Man kann sich das quasi so vorstellen,

00:07:14: als ob diese Nervenbahnen sich wie eine Straße vorstellen,

00:07:17: oder eher wie ein Schotterweg quasi.

00:07:19: Jedes Mal, wenn halt irgend ein Neuron diesen Schotterweg langläuft,

00:07:23: baut er den aus und repariert den, und irgendwann wird's zu einer Straße,

00:07:26: dann wird's zu einer 2-spurigen Autobahn,

00:07:28: dann zu einer 3-spurigen Autobahn,

00:07:30: wo man dann die Verbindungen genutzt wird.

00:07:32: Und bei Menschen mit ADHS ist es so,

00:07:34: dass bestimmte Nervenbahnen einfach nicht so gut genutzt werden können,

00:07:38: weil sie eben diesen Dopaminmangel haben.

00:07:40: Und damit halt ein quasi ... - Kursor.

00:07:42: Dopamin ist ja Neurotransmitter, das hast du ja auch gerade gesagt,

00:07:45: und nur Adrenalin genauso.

00:07:47: Das heißt, wenn damit ein Neuron überhaupt aktiviert wird,

00:07:50: muss quasi dieser Neurotransmitter da sein.

00:07:52: Der Schubstink quasi anstatt, wie Benzin in einem Auto.

00:07:55: Aber halt jedes Auto braucht eine andere Art von Treibstoff.

00:07:58: Und manche Diesel, so, keine Ahnung, manche sind E-Autos.

00:08:01: Und das ist halt bei den Neuronen genauso,

00:08:04: die sprechen nicht auf alle Neurotransmitter gleich an.

00:08:06: Und deshalb sind eben einfach manche Verbindungen im Gehirn

00:08:10: bei Menschen mit ADHS nicht so gut connected wie bei neurotypischen Menschen,

00:08:14: weil eben diese Neurotransmitter fehlen.

00:08:16: Um mal den Bogen zu spannen zu Medias,

00:08:19: können wir ja deine Analogie mit den Straßen einfach weiterverwenden

00:08:22: und sagen, okay, damit Straßen ausgebaut werden,

00:08:25: was wichtig ist für die Funktion dieser Gehirnbereiche,

00:08:28: brauchen wir vielleicht etwas, was dabei unterstützt,

00:08:31: die Straßen auszubauen,

00:08:32: damit sie einfach so häufig wie möglich genutzt werden können.

00:08:35: Und diese dann kräftig und das auch auf lange Sicht.

00:08:38: Und das können zum Beispiel Medias bewirken.

00:08:40: Jetzt verstehe ich das auch erst.

00:08:42: Also, mein Psychiater meinte beim letzten Termin auch zu mir,

00:08:45: dass es Sinn macht, Medikamente über einen längeren Zeitraum zu nehmen,

00:08:49: damit das Gehirn quasi nachlernen kann.

00:08:51: Und das ergibt ja voll Sinn, wenn die Medikamente bewirken,

00:08:55: dass dann die Botenstoffe besser funktionieren,

00:08:58: besser angenommen werden.

00:08:59: Und dadurch die Straßen mehr ausgebaut werden,

00:09:02: kann ja die Gehirnstruktur sich dann wie so nachreifen.

00:09:06: Genau, ja. - Das kann sich dann noch mal verändern.

00:09:09: Je öfter eine bestimmte Verbindung genutzt wird,

00:09:12: desto einfacher fällt es dem Gehirn, die zu benutzen.

00:09:14: Das ist voll gut, dass dein Psychiater es weiß,

00:09:17: weil ich glaube, es gibt sehr viele, die das nicht wissen.

00:09:20: Also, zumindest ist das so mein Eindruck.

00:09:22: Wie wirken ADHS-Medikamente genau?

00:09:25: Es gibt unterschiedliche Medikamente,

00:09:27: zwischen denen man noch mal differenziert.

00:09:29: Es gibt Stimulanzien, Nicht-Stimulanzien

00:09:32: und noch andere Medikamente,

00:09:33: die eigentlich für andere Erkrankungen eingesetzt werden.

00:09:36: Die nehme ich gleich mal vorweg, das sind so Antidepressiva

00:09:39: oder Neuroleptika, die zum Teil auch eine Wirksamkeit bei ADHS aufgezeigt haben.

00:09:44: Und dann die Unterscheidung zwischen Stimulanzien und Nicht-Stimulanzien.

00:09:48: Also, Stimulanzien sind dann so Präparate,

00:09:51: wie zum Beispiel Medikinät oder Ritalin,

00:09:54: was quasi Amphetamine sind, oder eben so Amphetaminderivate,

00:09:57: wie Elvancer.

00:09:58: Und die stimulieren quasi,

00:10:00: dass die Neurotransmitter besser aufgenommen werden können.

00:10:03: Und dann gibt es unterschiedliche Medikamente,

00:10:06: die für unterschiedliche Neurotransmitter wirken,

00:10:08: zum Beispiel für die Dopaminaufnahme

00:10:10: oder Neuartrinalinaufnahme oder beides.

00:10:12: Was bedeutet mit, also, Amphetaminderivat?

00:10:16: Das ist quasi eine abgewandelte Form von Amphetamin.

00:10:20: Aber trotzdem ... Also, da ist es zwar abgewandelt,

00:10:22: aber trotzdem immer noch ein Teil von einem Amphetamin,

00:10:25: deswegen auch ein Stimulanzien.

00:10:27: Ich glaube auch, dass Elvanse ...

00:10:28: Also, ein Stoff ist, der im Körper umgewandelt wird zu Amphetamin,

00:10:32: wenn ich das richtig verstanden habe.

00:10:34: Okay, spannend.

00:10:35: Genau, und dann gibt es eben noch Medikamente,

00:10:37: die eben nicht stimulierend wirken,

00:10:39: die dann zum Beispiel eine erhöhte Produktion

00:10:41: von Neurotransmittern verursachen können.

00:10:43: Welche sind das? Weißt du?

00:10:45: Da gibt es zum Beispiel Atomoxetin.

00:10:47: Wobei ich dazusagen muss, Atomoxetin wird jetzt gerade

00:10:49: in Deutschland nicht mehr verschrieben.

00:10:51: Wird das wohl wahrscheinlich auch nicht mehr geben.

00:10:53: Wurde vom Markt genommen.

00:10:55: Und Guarant Verzien auf jeden Fall auch,

00:10:57: ist aber nicht so gängig, dass das verschrieben wird.

00:11:00: Beziehungsweise habe ich es jetzt auch schon so erlebt,

00:11:02: dass quasi Menschen, die in psychiatrischer Behandlung waren,

00:11:05: aber noch keine offizielle ADHS-Diagnose hatten,

00:11:07: dass die nicht stimulierende Medikamente verschrieben bekommen haben,

00:11:10: weil es nicht unter das Betäumungsmittelgesetz fällt,

00:11:13: und die Psychiater*innen da ein bisschen freierer Hand haben.

00:11:16: Das war nur eine Beobachtung.

00:11:17: Deshalb so ist, aber ich glaube,

00:11:19: die Regel ist schon, dass Stimulanzien verschrieben werden.

00:11:22: Es sei denn, du verträgst Stimulanzien so gar nicht, also keine.

00:11:25: Dann kommen natürlich auch andere Präparate und Frage.

00:11:28: Ja, also wir können nochmal zusammenfassen,

00:11:31: dass halt diese ADHS-Medikamente primär einfach die Dopamin

00:11:34: oder Neuartrenalin im synaptischen Spalt quasi erhöhen

00:11:39: oder halt die Aufnahme erhöhen,

00:11:41: sodass halt diese ganzen Einschränkungen,

00:11:44: von denen wir es am Anfang hatten, quasi überhoben werden.

00:11:47: Dass man mehr Aufmerksamkeit hat, die Impositivität gehämmt wird,

00:11:50: sich diese Konnektivität zwischen den Gehirnarealen

00:11:53: ausbessern kann und so weiter.

00:11:54: Das fand ich übrigens sehr ... - Und sich dadurch dann

00:11:56: die Gehirnareale wieder besser connecten können.

00:11:59: Und das Gehirn quasi nachlernt.

00:12:01: Aber das fand ich nämlich auch noch voll den wichtigen Fakt,

00:12:04: weil ich glaube, es wird fast zu wenig kommuniziert,

00:12:10: dass sich das Gehirn dadurch auch auf eine Art ein Stück weit

00:12:12: regenerieren kann.

00:12:13: Und dass es auch dazu führen kann,

00:12:15: dass man halt irgendwann vielleicht weniger

00:12:18: oder gar keine Medikamente mehr braucht.

00:12:20: Aber man muss natürlich auch die richtigen Gehirnareale

00:12:23: überhaupt erst ansprechen. - Ja.

00:12:25: Das ist natürlich ein wichtiger Punkt.

00:12:27: Du nimmst aktuell ja nur nach Bedarf, oder?

00:12:29: Ja.

00:12:30: Auch relativ selten, würde ich sagen.

00:12:33: Wobei ich das jetzt noch nicht so richtig beurteilen kann,

00:12:36: weil ich es an sich erst seit drei oder vier Wochen habe.

00:12:39: Und in diesen drei oder vier Wochen

00:12:41: habe ich es auch, glaube ich, nur drei oder viermal genommen.

00:12:44: Das sagen wir mal viermal.

00:12:46: Genau.

00:12:47: Und ich habe vorher ein anderes Präparat genommen,

00:12:49: was ich nicht so gut vertragen habe.

00:12:51: Es sind beide Stimulanzien.

00:12:52: Und bin dann jetzt eingestiegen mit einer Dosis,

00:12:55: von der ich dachte, dass es adäquat wäre für mich.

00:12:57: Weil ich das von vielen anderen ADHS-Lern gehört habe,

00:13:00: dass die diese Dosis nehmen, musste jetzt für mich feststellen,

00:13:03: dass es mir ein bisschen zu doll ist.

00:13:05: Also, dass ich ein bisschen weniger davon nehmen sollte,

00:13:07: auf jeden Fall, um nicht überzutusieren.

00:13:10: Ja, und jetzt nehme ich das an besonders langen Arbeitstagen,

00:13:14: wo ich quasi eine Vormittags- und eine Abendschicht noch habe.

00:13:16: Oder wenn ich ja besondere Situationen ausgesetzt bin,

00:13:19: wo ich einen hohen Regulationenlaut habe.

00:13:22: Also quasi eine Situation, wo ich extrem auf mich achten muss,

00:13:25: damit ich nicht in so eine Überstimulation komme

00:13:29: oder die generell einfach herausfordernd für mich ist,

00:13:31: weil ich Reize nicht so gut verarbeiten kann.

00:13:33: Und das finde ich ganz oft einfach super schade,

00:13:36: weil ich an den Situationen eigentlich teilhaben möchte.

00:13:38: Und dann ist mir aufgefallen, dass das Medikament mir dabei hilft.

00:13:41: Und dann nehme ich das auch gerne mal.

00:13:43: Aber ansonsten komme ich relativ gut oder durch.

00:13:45: Und was ist so die Wirkung, die du so merkst?

00:13:49: Also quasi so die Hauptwirkung oder keine Ahnung?

00:13:52: Also die Hauptwirkung ist, dass ich eine Aufgabe beginne

00:13:56: und sie zu Ende mache,

00:13:58: ohne dass ich unnötig lange dafür brauche.

00:14:01: Also im normalen Zeitraum und dass meine Aufnahme

00:14:03: auch besser ist in diesem Zeitraum.

00:14:05: Ich habe jetzt gerade eine Weiterbildung

00:14:07: und muss quasi dafür an Online-Seminaren teilnehmen.

00:14:11: Das heißt, das ist komplett Selbststudium,

00:14:13: wovon ich früher geglaubt habe,

00:14:14: dass ich das niemals machen könnte oder sollte,

00:14:16: weil ich nicht die Disziplin dafür habe.

00:14:18: Das dachte ich, bevor ich ADHS habe.

00:14:21: Und ich habe dafür das Medikament genommen,

00:14:23: konnte mich an den Tisch setzen,

00:14:25: habe während des quasi angefangenen zu wirken,

00:14:27: schon angefangen zu arbeiten.

00:14:29: Und im Verlaufe dieser vierstündigen Lerneinheiten,

00:14:32: muss man mal sagen, also vier Stunden am Stück Lernen,

00:14:34: das war früher utopisch gewesen für mich,

00:14:37: habe ich dann gemerkt, so wie krass das eigentlich ist,

00:14:40: dass ich einfach da sitze, auf den Bildschirm schauen kann,

00:14:43: eine Folie nach der anderen einfach durcharbeite.

00:14:46: Natürlich zwischendurch Adequat-Pause mache.

00:14:48: Aber das Wissen bleibt hängen.

00:14:50: Ich lerne was dazu.

00:14:51: Ich kann nebenbei Mitschriften mache,

00:14:53: ich kann zuhören, ich kann Dinge gleichzeitig machen.

00:14:56: Und nach der Pause, die sich die auch nicht ausschweift

00:14:58: und in der ich auch nicht irgendwelche anderen

00:15:00: Ablenkungs-Sachen mache,

00:15:02: kann ich mich einfach wieder ran setzen und einfach weitermachen.

00:15:05: So ist es, ich weiß, es klingt simpel,

00:15:07: aber das ist tatsächlich, ja.

00:15:10: Das ist das, was ich am meisten spüre.

00:15:12: Also, ich hatte einige Monate, ich glaube, drei Monate,

00:15:17: habe ich Medikinäke genommen.

00:15:19: Das hat mir erstmal auch gut geholfen,

00:15:22: aber auf so lange Sicht hatte ich damit Schwierigkeiten.

00:15:25: Ich glaube, das hatte ich in einer der ADHS-Volgen auch schon erzählt.

00:15:28: Aber da habe ich schon gemerkt, dass sich so,

00:15:31: dass es so auf lange Sicht geschlaucht hat

00:15:33: und mir irgendwie nicht so gut getan hat,

00:15:36: dass ich auch dann irgendwie wenig zur Ruhe gekommen bin

00:15:40: und dann auf eine Art auch ausgebrannt bin.

00:15:42: Oder ist es so, als hätte ich mich dann ...

00:15:46: Also, ich habe mich dann immer so ein bisschen wie so ein Roboter gefühlt,

00:15:49: dass ich so funktioniere und irgendwie ...

00:15:52: auch zum Teil so ein bisschen dissoziiert war und so.

00:15:55: Deshalb bin ich dann umgestiegen nach einer Zeit.

00:15:58: Also, ich habe auch eine Weile erst mal keine Medikamente gebraucht.

00:16:02: Ein halbes Jahr oder so.

00:16:03: Und da habe ich nur mal sporadisch,

00:16:05: wenn irgendwie eine erhöhte Anforderung mal war.

00:16:08: Aber das war nicht oft.

00:16:10: Also, es war nicht mal einmal die Woche oder so.

00:16:13: Hatte ich da mal Medikinit genommen und hab dann aber gemerkt,

00:16:16: okay, irgendwie komme ich grade nicht mehr zurecht.

00:16:20: Also, jetzt macht es wieder Sinn, Medikamente zu nehmen.

00:16:23: Und dann habe ich mir Elvanse verschreiben lassen.

00:16:26: Und das nehme ich jetzt seit zwei, drei Monaten.

00:16:29: Und hab da auch gemerkt, dass es ...

00:16:34: für mich jetzt das bessere Präparat war.

00:16:36: Also, ich merke vor allem, dass ich ...

00:16:39: auch konzentrierter bin.

00:16:41: Aber ich merke vor allem, dass ich mich besser regulieren kann,

00:16:44: zum einen.

00:16:46: Und dass mich Reize nicht so krass erschlagen.

00:16:48: Ich glaube, das war immer so ein richtig großes Ding,

00:16:51: dass ich schon nach einem halben Tag völlig am Ende war,

00:16:54: völlig überreizt, so richtig krasse ...

00:16:56: Anspannungen bekommen habe.

00:16:58: Weil ich einfach durch war.

00:17:00: Also, ich hätte, nachdem ich die Kinder aus der Kita abgeholt habe,

00:17:04: war ich immer völlig am Ende.

00:17:05: Es ist immer noch ...

00:17:07: Es ist immer noch schwierig manchmal,

00:17:09: aber das kann ich deutlich besser händeln.

00:17:12: Von der Dosis ist es bei mir aber so,

00:17:14: dass ich tatsächlich relativ wenig nehme.

00:17:16: Also, eigentlich war sonst immer die Einstiegsdosis 30 Milligramm.

00:17:21: Und eigentlich fing das, glaube ich, bei 30 Milligramm Kapseln an.

00:17:24: Und so, wie es mir mein Psychiater geschildert hat,

00:17:28: gab es dann neuerdings 20 Milligramm Kapseln.

00:17:31: Und ich nehme jetzt noch weniger.

00:17:33: Ich merke aber auch, wenn ich das nicht nehme,

00:17:36: dann fehlt es schon.

00:17:39: Also, ich nehme das jetzt wirklich auch rigoros durch.

00:17:42: Auch einfach aus der Sorge daraus,

00:17:44: was passiert, wer ich jetzt nicht funktioniere,

00:17:47: was aber am Punkt ist mit Kindern so ...

00:17:49: Ja, dann leiden meine Kinder drunter.

00:17:52: Und das will ich nicht. Deshalb nehme ich das durch.

00:17:55: Aber Evans ist auf jeden Fall deutlich besser für mich.

00:17:58: Und ich habe deutlich weniger Nebenwirkungen

00:18:01: und deutlich entspannter.

00:18:03: Genau. Also, die Wirkung ist jetzt nicht so superkrass,

00:18:05: weil ich entsprechend nicht so viel nehme.

00:18:08: Aber es hilft mir auf jeden Fall.

00:18:10: Jetzt kann ich es auch im Prinzip durchnehmen,

00:18:13: ohne jetzt blöde Nebenwirkungen zu haben,

00:18:15: was vorher eben der Fall war.

00:18:17: Ich habe eine kleine Zwischenfrage.

00:18:19: Und zwar meintest du ja, dass bei dem Medikinet,

00:18:21: dass du das geführt hast, dass du wie so ein Roboter sei.

00:18:24: Und dass du mit Evans dann nicht mehr hast,

00:18:27: habe ich jetzt so rausgehört.

00:18:29: Kannst du das konkreter so paraphrasieren,

00:18:31: dass du das nicht mehr konzentriert hast?

00:18:33: Nein, das weiß ich nicht.

00:18:35: Vor allem habe ich das gemerkt,

00:18:37: wenn ich zu viel Medikinet genommen hatte.

00:18:39: Und ich habe auch gar nicht so viel genommen.

00:18:42: Aber da hat nicht so viel zu gefehlt,

00:18:44: dass ich durch den Supermarkt gelaufen bin.

00:18:46: Und dann wie so völlig kopflehr, einfach nur, ah, da ist das.

00:18:50: Da ist das. Und da hat auch so ein bisschen dissoziert.

00:18:53: Ich hatte das Gefühl, dass ich mich an sich nicht mehr so richtig spüre.

00:18:57: Ich laufe jetzt dahin, ich nehme das.

00:18:59: Das war irgendwie sehr unangenehm.

00:19:01: Ich habe das irgendwie als Dissoziation wahrgenommen.

00:19:04: Ich wollte einfach nur noch mal darauf hinaus,

00:19:07: ob du Dinge noch gefühlt hast, also, ob du Gefühle gefühlt hast.

00:19:11: Oder nicht.

00:19:12: Weil das ist sehr was, was ein Roboter assoziiert wird.

00:19:15: Dass sie gefühlslos sind. - Der war gefühlslos, fand ich.

00:19:19: Das hat sich auch so angefühlt, also auch sehr gedämpft.

00:19:22: Wo du sagst, jetzt fällst du mir wieder ein.

00:19:24: Ich hatte nicht mehr so negative Gefühle so doll,

00:19:27: dass ich nicht positive Gefühle so doll.

00:19:30: Das habe ich nachdem ich abgesetzt hatte.

00:19:32: Erst mal wieder damit eingestiegen bin,

00:19:34: habe ich es besonders gemerkt, weil ich auch sehr viel ...

00:19:37: Das könnte auch schon eine Nachreifung gewesen sein.

00:19:40: Weil ich habe bei Medikinet erst 20 Milligramm genommen,

00:19:43: zweimal am Tag.

00:19:44: Da hatte ich erst mal keine wirklichen Übertausierungserscheinungen.

00:19:48: Dann habe ich immer mehr Nebenwirkungen bekommen.

00:19:51: Dann bin ich mit 10 Milligramm rangegangen und dann mit 5 Milligramm.

00:19:55: Genau, dass ich mich dann so robothaft gefühlt habe.

00:19:59: Irgendwie habe ich mich auch so wenig gespürt,

00:20:01: dass ich die ganze Zeit über meine Grenze gegangen bin.

00:20:04: Und dann einfach so ... - Wie so ein Roboter.

00:20:07: Ich habe einfach nur so funktioniert.

00:20:09: Und konnte nicht mehr so richtig krass Freude empfinden,

00:20:12: aber auch nicht mehr so richtig negativ so.

00:20:14: Also, ich habe viele verschiedene Ärztinnen und Psychater in.

00:20:18: Deshalb nicht, dass ihr verwirrt seid.

00:20:20: Ich habe mit meiner Ärztin, nicht mit meinem Psychater von vorher,

00:20:24: die meinte auch, dass ...

00:20:26: dass diese ...

00:20:28: Gerade dieses Medikinet und Ritalin,

00:20:30: also dass diese Präparate, die sind ja all den Anführungen,

00:20:33: die gibt es schon sehr lange und Elvanze gibt es ja noch nicht ganz so lange.

00:20:37: Und dass sie glaubt, dass diese Medikamente von ...

00:20:40: Also, dass die Medikation von Kindern,

00:20:42: insbesondere deshalb in Verruf, gerät oder geraten ist.

00:20:46: Weil es damals nur Ritalin und Medikinet gab.

00:20:50: Und die eben schon auch sehr stark betäubend wirken.

00:20:54: Und das tatsächlich auch auf ...

00:20:56: Also, es gibt Menschen, die viel besser auf Medikinet reagieren

00:21:00: als auf Elvanze.

00:21:02: Nur so, wie ich das jetzt von ihr zumindest mitbekommen hab,

00:21:05: sind das weniger als andersrum.

00:21:07: Und trotzdem, weil Medikinet das ... also quasi das ...

00:21:11: etablierte Medikament ist, gibt man das zuerst.

00:21:14: Bei Medikinet ist es ja aber auch so, dass man erstens,

00:21:17: dadurch, dass es ein reines Amphetamin ist,

00:21:20: diese Wirkung merkt, wie wenn man jetzt zum Beispiel eine Droh nehmen wird,

00:21:23: anschwellen, und man merkt auch sofort, wenn es aufhört zu wirken.

00:21:27: Und Elvanze ist ja so ein Spiegelpräparat nicht in dem Sinne,

00:21:31: dass es ein Spiegel über lange Zeit aufbaut,

00:21:33: sondern über den Tag, dass der Wirkstoff so abgegeben wird.

00:21:37: Und ich kann zumindest von mir sagen, ich merke,

00:21:40: weder wann es anfängt zu wirken, noch wann es aufhört zu wirken.

00:21:43: Und bei ... also, ich hab auch ...

00:21:46: Jetzt haben wir schon gesagt, welche Medikamente wir nehmen.

00:21:49: Wir wollten das nicht machen, weil wir nicht beeinflussen wollen.

00:21:53: Dass es extrem individuell ist. - Ja.

00:21:55: Aber wir alle nehmen jetzt auch Elvanze, glaub ich.

00:21:58: Ja, ich find's halt also ...

00:21:59: für meine Medikationsgeschichte ist es halt sehr wichtig, zu aufhören.

00:22:03: Und ich hab halt vorher auch Medikinet genommen.

00:22:06: Und bevor ich eher angefangen hab, Elvanze zu nehmen,

00:22:09: hatte ich auch noch eine andere Position zur Medikation.

00:22:12: Und ich finde, das ist schon wichtig.

00:22:14: Am Ende, mich persönlich stört's nicht,

00:22:16: das so öffentlich zu thematisieren, was ich nehme.

00:22:19: Und ich find's wichtig, da auch wirklich ganz stark zu differenzieren

00:22:23: und zu angucken, warum hat sich eigentlich diese und diese Haltung ...

00:22:26: Was hab ich für Erfahrung mit dem einen Präparat gemacht?

00:22:29: Und wie stark verändert sich das plötzlich,

00:22:32: sobald ich eine andere positive Erfahrung mit einem Präparat mache?

00:22:36: Genau. Also, bei mir war's nämlich auch so,

00:22:38: dass ich halt Medikinet zuerst verschrieben bekommen habe,

00:22:41: weil das eben das Mittel erster Wahl ist immer noch.

00:22:44: Und ich weiß jetzt auch nicht, wie viel da so Pharma und so ...

00:22:47: Ich glaub, das ist auch sehr gefördert,

00:22:50: aber das ist ein anderes Thema.

00:22:52: Und mir ging's richtig, richtig schlecht damit.

00:22:54: Also, ich hatte halt nun ganz kurz ...

00:22:56: Was ich halt auch irgendwie so ein Ausschusskriterium

00:22:59: für Medikinet generell finde,

00:23:00: ist, dass Mensch mit ADHs dazu tendieren, Dinge zu vergessen.

00:23:04: Medikinet muss man dreimal am Tag nehmen, nicht nur einmal.

00:23:07: Das find ich halt schon so irgendwie ... - Muss man nicht.

00:23:10: Dreimal sogar? - Eigentlich dreimal, ja.

00:23:12: Okay. - Einen bis dreimal, würd ich mal sagen.

00:23:15: Ja, ja, ein bis dreimal.

00:23:16: Aber wenn man die Wirkung über den ganzen Tag haben möchte,

00:23:19: dann ist es halt immer so niedrig dosiert, dass es halt quasi immer gleich bleibt.

00:23:23: Und ich hab halt die erste ...

00:23:27: Also, ich hab halt die Wirkung, die war so eine halbe Stunde,

00:23:30: ging's mir eigentlich gut.

00:23:32: Dann kam aber bei mir immer der Rebound, der war halt so schlimm.

00:23:36: Rebound bedeutet, dass halt das Medikament aufhört zu wirken,

00:23:39: aber halt sehr abhobbt und dass dann alle Reizfilterschwächen

00:23:43: und alle Symptome quasi doppelt und dreifach zurückkommen.

00:23:46: Das heißt also, ich hab dieses Medikament genommen.

00:23:49: Ich hab mich anfluten, also, ich würd ...

00:23:51: Es ist für mich einfach wie anfluten gewesen,

00:23:53: das war halt wie wenn man eine Droge nimmt.

00:23:55: Hatt ich halt direkt so eine leichte innere Unruhe,

00:23:58: weil es halt so von jetzt auf gleich,

00:24:00: wie so ein ... war halt mein Puls anders und keine Ahnung was.

00:24:03: Und als es dann aufhört hat zu wirken,

00:24:06: hatte ich halt die schlimmste Panikattacke überhaupt,

00:24:09: weil halt alles auf einmal irgendwie wieder anders war.

00:24:12: Und währenddem es gewirkt hat, hab ich einfach geschlafen.

00:24:15: Weil es mich ... also, die Wirkung an sich, die war nicht schlecht,

00:24:19: war so, ah ja, du bist übrigens eigentlich müde.

00:24:21: Aber dann war ich halt außer 20, ich hatte also ...

00:24:24: Die Wirkung an sich ist zwar okay für mich,

00:24:26: aber der Rebound ist halt nicht händelbar.

00:24:29: Und dann hat er mir eben auch Evanze verschrieben.

00:24:31: Und das ist halt auch ... also, mein Medikament so,

00:24:34: ich hab das ganz, ganz niedrig dosiert angefangen zu nehmen.

00:24:37: Mit 5 Milligramm hab dann immer mit einer Woche

00:24:40: dann 5 Milligramm gesteigert.

00:24:42: Und mir mittlerweile auch bei der Dosis,

00:24:44: die für euch beide zu hoch ist tatsächlich,

00:24:46: die in eigentlich eingestiegen wird mit diesen 30 Milligramm.

00:24:49: Und ... hätte aber, glaub ich ...

00:24:52: Ja. - Aber ... ja, auf jeden Fall ...

00:24:58: geht's mir damit jetzt auch richtig gut.

00:25:00: Und ich merk aber eigentlich ...

00:25:02: Ich hab es daran gemerkt, dass es mir einfach nicht so scheiße geht.

00:25:06: Also, mir geht's halt einfach irgendwie ...

00:25:08: die ganze Zeit so, wie es mir normalerweise,

00:25:10: wie es mir vor den Kindern ging,

00:25:12: als ich halt noch fünf Mal die Woche Sport gemacht habe

00:25:15: nach mir selbst richten konnte.

00:25:17: Und ... vor den Medikamenten war's halt auch so was wie,

00:25:20: ich hab einen Tag produktiv gearbeitet,

00:25:22: da musste ich erst mal drei Tage schlafen.

00:25:25: Auf jeden Fall. - Ich hab ...

00:25:26: Ich saß voll oft den ganzen Tag in der Küche am Tisch.

00:25:29: Also, Martin, es hat manchmal nicht die Kinder weggebracht,

00:25:32: ist wieder zurückgekommen.

00:25:34: Ich saß immer noch an diesem Tisch,

00:25:36: weil ich es nicht hängen bekommen hab, zu duschen.

00:25:39: Weil ich mir einfach bei diesem Ablauf in die Dusche zu gehen

00:25:42: und zu duschen nicht planen konnte.

00:25:45: Die hab ich dann so ganz schnell gemacht,

00:25:47: aber mit einem Nervenzusammenbruch.

00:25:49: Dann bin ich wieder ins Bett. - Es war richtig schlimm.

00:25:52: Ich kann das bestätigen.

00:25:54: Zum Teil hat Marlies einfach irgendwas gemacht,

00:25:56: um muss ins Bett gehen.

00:25:58: Und dann war's das.

00:25:59: Oder halt, ein Tag ...

00:26:00: mal durchgearbeitet, und danach ...

00:26:03: drei Tage rückst du gar nichts mehr.

00:26:05: Es ging wirklich gar nichts mehr.

00:26:07: Also, das war halt ...

00:26:08: Und jetzt hab ich irgendwie die Medikamente genommen.

00:26:11: Ich glaub, das erste Mal so richtig wahrgenommen,

00:26:14: als ich irgendwie oben war.

00:26:16: Ich wollte die Wäsche machen

00:26:18: und hab irgendwie so einen Wäschekorb mit runtergetragen.

00:26:21: Hier unten an der Treppe stand ich,

00:26:23: ich hab den anderen Wäschekorb vergessen.

00:26:26: Bin einfach wieder umgedreht, hochgegangen,

00:26:28: hab den anderen Wäschekorb gehalten, und da war ich so, oh mein Gott.

00:26:32: Du hast es gerade einfach gemacht. - Gamechanger.

00:26:35: Du bist gerade einfach hochgegangen.

00:26:37: Für Leute ohne ADHS, die sind so, ja, macht doch einfach.

00:26:40: Aber es ist halt eben nicht so einfach.

00:26:43: Das ist nicht einfach umdrehen und den Wäschekorb holen.

00:26:46: Und ich glaub, dass das halt so ...

00:26:48: dass das immer so getan wird, das wird immer so verkannt,

00:26:51: keine Ahnung. - Ja.

00:26:52: Aber also, mir geht es mit den Medikamenten deutlich besser.

00:26:55: Und ...

00:26:57: ich ...

00:26:59: hab keine ...

00:27:00: ich hab keine, nicht so irgendwie, dass ich mich euphorisch fühle,

00:27:04: dass ich Energiegeladener bin.

00:27:05: Das ist gar nicht der Fall.

00:27:07: Ich bin eher einfach entspannt, und ich kann irgendwie ...

00:27:11: nicht duschen konnte, hing nicht damit zusammen,

00:27:13: dass ich keine Energie dazu hatte,

00:27:15: sondern dass ich einfach mich nicht genug ordnen konnte,

00:27:18: meine Gedanken nicht genug ordnen konnte,

00:27:20: mich nicht genug strukturieren konnte, um halt in die Dusche zu gehen.

00:27:24: Und jetzt hab ich das halt alles,

00:27:26: und gleichzeitig bin ich halt viel entspannter,

00:27:28: und ich hab einfach gar keine Panikattacken mehr auch.

00:27:31: Ich benutze mal ganz gerne so ...

00:27:33: also für neurotypische Menschen, um das besser nachvollziehen zu können,

00:27:37: wie sich das anfühlen muss, benutze ich immer diese Analogie

00:27:40: und laufen auf dem Handy, die man eigentlich nicht mehr geöffnet hat,

00:27:43: aber die die ganze Zeit Akku ziehen.

00:27:45: Und das ist halt, finde ich, mit dem Medikament,

00:27:48: das ist mir richtig doll aufgefallen, wie viel Energie

00:27:51: ich am Ende des Tages immer noch habe,

00:27:53: weil keine unnötigen Apps die ganze Zeit im Hintergrund Akku gezogen haben.

00:27:57: Sondern ich hab eine App offen, die wird benutzt,

00:28:00: solange sie gebraucht wird, und dann wird sie geschlossen,

00:28:03: und läuft nicht im Hintergrund weiter.

00:28:05: Und das eine App macht der anderen so.

00:28:07: Das ist Wahnsinn, wie viel da übrig bleibt.

00:28:09: Und bestätigen, dass einfach so, ich mach jetzt die Aufgabe,

00:28:12: dann mach ich die Aufgabe und nicht so, oh nein,

00:28:14: ich hab so viele Aufgaben, ich kann nichts mehr machen.

00:28:17: Ja, vor allem bei mir ist halt auch so was wie,

00:28:20: bezogen wir auf die Autismus-Symptome,

00:28:22: dass zum Beispiel so was wie selektiver Motismus

00:28:24: und so einfach auch viel, viel weniger sind.

00:28:27: Oder dass ich auch jetzt zum Beispiel, ja, keine Ahnung,

00:28:29: so Bahn fahren und so was, kann ich nicht so gut,

00:28:31: aber ich hab jetzt auch einen ganzen Tag rausgehauen.

00:28:34: Aber trotzdem, das wär, glaub ich, eine ganze Woche gewesen wahrscheinlich.

00:28:38: Ja, also ... - Ich hab auch noch,

00:28:40: das hab ich gestern ziemlich stark gemerkt.

00:28:43: Da hab ich relativ spät meinen Medikament genommen

00:28:46: und hab gemerkt, dass auch so diese depressive Verstimmungen

00:28:50: einfach weniger geworden sind.

00:28:52: Also hab ich gemerkt so, irgendwie fühl ich mich nicht gut.

00:28:57: Und dann ging's mir besser, als es denn gewirkt hat.

00:29:00: Ist ja auch logisch, weil Dopamin ist ja auch ein Glückshormon,

00:29:03: so eigentlich, Motivationshormon. - Ja.

00:29:05: Voll ...

00:29:08: Cool.

00:29:09: Du hast jetzt gerade schon so ein bisschen angesprochen,

00:29:11: dass man so mal die Hintergrundmotive überdenken sollte,

00:29:14: warum man eigentlich auch so ein bisschen Problem damit hat.

00:29:17: Ja.

00:29:19: So ADHS-Medikamente zu nehmen oder halt das auch so ...

00:29:22: Also ich glaub, da spielt auch viel mit rein.

00:29:24: Also ich glaub, es ist halt einfach ein generell stigmatisiertes Thema,

00:29:28: aber es ist ja auch so ein bisschen so dieses Ding von,

00:29:31: gesteht man sich gerade vielleicht auch selbst ein,

00:29:33: dass ADHS wirklich eine Einschränkung ist,

00:29:35: vielleicht sogar eine Behinderung.

00:29:38: Und das ...

00:29:39: Multifaktorielles, wieso Menschen das so kritisch sehen.

00:29:43: Sowohl Betroffene als auch Nichtbetroffene.

00:29:45: Ich glaube, das allergrößte Thema ist nach wie vor ...

00:29:50: die ... ja, die Phase der ...

00:29:53: Behandlung von Kindern Anfang der 2000er

00:29:56: mit Medikinet beziehungsweise Ritalin,

00:29:59: was das mit den Kindern gemacht hat, was beobachtet wurde.

00:30:02: Und ... also das war ...

00:30:04: Ich vermute, rückblickend,

00:30:06: ich hab jetzt keine Studien dazu gelesen,

00:30:09: aber mein Gedanke dazu war,

00:30:10: dass die Kinder wahrscheinlich knanlos überdussiert waren zum einen.

00:30:14: Und wie gesagt, das Medikament haben wir jetzt auch festgestellt,

00:30:18: die Wirkung ist teilweise auch ein bisschen krass.

00:30:20: Und unangenehm. - Mhm.

00:30:22: Äh, Medikinet ist echt ...

00:30:24: Das wirkt schon ordentlich, muss man echt sagen.

00:30:27: Und jetzt wissen wir auch nicht,

00:30:29: so ein Medikament entwickelt sich über die Jahre trotzdem weiter.

00:30:32: Oder können das nicht so gut nachempfinden,

00:30:34: wie das damals gewesen sein muss.

00:30:36: Ich denke, es gibt schon einen Grund,

00:30:38: dass man jetzt eher nicht Ritalin verschreibt,

00:30:41: sondern eher noch Medikinet.

00:30:42: Also Medikinet ist ja schon die Weiterentwicklung von Ritalin so.

00:30:46: Voll. Und ich glaub halt ...

00:30:48: Ich kenne es noch aus Gesprächen mit Menschen aus der Generation

00:30:52: unserer Eltern, dass das total ...

00:30:55: dass es einen total negativen Bias hat.

00:30:57: Oder einfach ein Bias.

00:30:59: Und dass es verurteilt wird,

00:31:01: egal ob man jetzt Kind oder Erwachsen ist, Medikamente zu nehmen.

00:31:05: Das ist, glaub ich, ein ganz großes Thema.

00:31:07: Was auch dazu kommt, ist, dass es ...

00:31:10: Also, die Stimulanzien sind am Vitaminefein

00:31:12: und das Betäubungsmittelgesetz.

00:31:14: Dann gibt's irgendwie ein Drogen-Bias, sag ich mal.

00:31:17: Weil es als Droge gesehen wird.

00:31:19: Was natürlich wissen wir jetzt sowieso

00:31:22: und wahrscheinlich auch viele, die das hören,

00:31:24: im Kontext mit ADHS ganz anders behandelt werden muss,

00:31:27: weil es eben keine Droge ist, sondern Medikament.

00:31:29: Und was du jetzt grad auch schon angesprochen hattest,

00:31:32: ist eben das Thema, ist es jetzt einfach nur eine Einschränkung,

00:31:35: oder ist es eine Behinderung?

00:31:36: Wie stark schränkt das Menschen wirklich eigentlich?

00:31:39: Das ist auch etwas schwer nachzuvollziehen,

00:31:41: wie schwer es einen einschränkt im Alltag.

00:31:43: Und warum soll man dafür jetzt Medikamente nehmen?

00:31:46: Warum funktioniert es nicht auch einfach so?

00:31:48: Muss man nicht einfach nur ein paar Sachen lernen?

00:31:51: Oder seine Umwelt, damit das ...

00:31:53: Ich glaub, das ist auch sehr über die Ausprägung von ADHS.

00:31:56: Das hängt sehr davon ab.

00:31:58: So, wie ... - Ja.

00:31:59: Was für Symptome man hat, wie stark die sind.

00:32:02: Also, wenn man ...

00:32:03: Und es hat auch sehr von den Umständen abhängig.

00:32:06: Also, wenn man vielleicht keine Kinder hat

00:32:08: und vielleicht nicht so viel zu tun hat,

00:32:10: dann ist man vielleicht noch eher in der Lage,

00:32:13: auf andere Weise daran zu arbeiten.

00:32:15: Aber ich hab zum Beispiel überhaupt nicht die Möglichkeit.

00:32:18: Also, nicht überhaupt nicht die Möglichkeit.

00:32:20: Ich glaub schon, dass man da immer daran arbeiten kann,

00:32:23: dass man da auch vorankommt.

00:32:24: Aber man kann sich ja ...

00:32:26: oder ich kann mir ja nicht leisten, jetzt jahrelang ...

00:32:29: nicht zu funktionieren, sag ich mal.

00:32:31: Das, was du grade gesagt hast mit diesem Leistungsfähig und so,

00:32:34: ich finde unter dem Gesichtspunkt, dass wir jetzt wissen,

00:32:37: dass das Gehirn auch wirklich unterentwickelt ist.

00:32:40: Erstens von Kindern.

00:32:41: Und zweitens, dass die Konnektivität zwischen den Hirnarealen

00:32:44: einfach nicht ganz so gegeben ist.

00:32:46: Also, ich will nicht sagen, dass es nicht möglich ist,

00:32:49: dass mit Hilfe von Therapien oder vielleicht auch von einem adäquaten Umgang.

00:32:53: Es gibt ja zum Beispiel auch autistische Menschen,

00:32:56: die nicht traumatisiert sind, weil die einfach richtig geile Eltern haben.

00:33:00: Ich glaube, das ist bei ADHS halt genauso.

00:33:02: Haben wir auch in der ADHS-Folge drüber gesprochen,

00:33:05: dass es einfach Kinder gibt, die zwar dieses ADHS-Gehirn haben,

00:33:08: bei denen die Symptomatik aber einfach nicht ausgeprägt ist.

00:33:11: Die hat auch immer Wachseneiter dann keine Probleme damit haben.

00:33:15: Ich denke, es liegt auch daran, dass sie das einfach gelernt haben,

00:33:18: wie sie diese Hirnareale eben ansprechen können.

00:33:21: Und deshalb nicht auf Medikamente angewiesen sind.

00:33:23: Und vielleicht auch durch irgendwelche biologischen Faktoren oder ...

00:33:27: irgendwelche günstigen Faktoren einfach nicht darauf angewiesen waren.

00:33:28: Aber ich glaube halt gerade bei uns,

00:33:30: wir haben das halt ... also wir sind ja alle spätdiagnostiziert.

00:33:33: Wir sind alle eher noch ... also wir sind zumindest alle nicht so ...

00:33:36: mit emotional weit entwickelten Eltern quasi aufgewachsen.

00:33:42: Schön gesagt. - Ja, ich meine, es ist einfach nur damit so ...

00:33:44: Das war ja ganz normal, dass halt negative Gefühle

00:33:47: einfach so ein bisschen runtergeschluckt werden

00:33:49: oder auf irgendeinen äußeren Umstand geschoben werden.

00:33:51: Und dass man sich eben nicht so anstellen, sondern keine Ahnung.

00:33:54: Was ich meine, das ist halt ...

00:33:55: So sind ja eigentlich alle in unserer Generation aufgewachsen.

00:33:58: Und dann ist es ja auch kein Wunder,

00:34:00: dass wir halt da jetzt einfach ein Defizit haben.

00:34:03: Und dann ist es ja auch klar, dass du nicht nur nicht leistungsfähig bist,

00:34:08: sondern es wärst du halt auch, wenn du keine Kinder hättest,

00:34:10: weil dein Gehirn da auch einfach ein Defizit hat so.

00:34:13: Und deshalb finde ich halt auch ... also wenn ich jetzt ...

00:34:18: Ich weiß nicht, ich muss ehrlich sagen,

00:34:21: ich glaube, wenn unser Kind zu uns kommen würde und sagen würde,

00:34:24: Mama, ich will jetzt ein Medikament nehmen,

00:34:26: ich kann in der Schule nicht gut zuhören.

00:34:28: So, dann würde ich halt ...

00:34:29: Da würde ich nicht lange drüber nachdenken.

00:34:31: Da würde ich es einfach machen.

00:34:33: Vor allem, wie wir jetzt auch drüber gesprochen haben,

00:34:35: weil Elvanse einfach so ein sehr günstiges Medikament ist.

00:34:37: Aber man muss natürlich dazu sagen,

00:34:39: dass gerade bei Kindern es so wichtig ist,

00:34:41: da sehr langsam einzudosieren und auch bei niedrigen Dosen einfach zu bleiben.

00:34:45: Ja, und ich glaube auch,

00:34:46: vor allem im Kontakt mit dem Kind zu bleiben

00:34:48: und immer wieder Feedback sich einzuholen,

00:34:50: weil ich glaube, Kinder von alleine können das nicht so reflektiert wahrnehmen.

00:34:54: Oder auch vielleicht zum Teil ...

00:34:56: Vielleicht auch gar nicht so konkret, wenn sie nicht direkt darauf achten.

00:34:59: Ich glaube, es ist wichtig, dass man das auf dem Schirm hat,

00:35:01: aber es ist grundsätzlich kein Ausschlusskriterium.

00:35:04: Und was ich so beobachte,

00:35:05: ich habe auch eine Klientin mit einem Kind,

00:35:07: was sehr stark ist, ADHS,

00:35:09: das hatte ich auch schon damals in den Folgen erzählt.

00:35:11: Und wir stehen auch im Kontakt darüber,

00:35:13: wie stark das Kind auf Medikation eingestellt ist.

00:35:16: Jetzt muss ich jetzt zu sagen,

00:35:18: das ist ein sehr krasser Fall von ADHS,

00:35:20: also die Symptomatik ist unfassbar stark ausgeprägt.

00:35:23: Es ist so stark, dass das Kind so oder so auf eine Förderschule muss.

00:35:26: Und da ist Medikation, sorgt erst mal dafür,

00:35:29: dass die Basics im Alltag funktionieren überhaupt.

00:35:32: Weil sonst ist das Ganze außer Rand und Band.

00:35:35: Und das belastet die Umwelt, das belastet die Familie,

00:35:38: das belastet die Schule und das belastet das Kind.

00:35:41: Und da sehe ich jetzt keinen Grund, wie so man sagen sollte, nee,

00:35:44: aber Medikation ist blöd, das lassen wir jetzt so laufen.

00:35:47: Also, das hat langfristig einfach nur einen Schaden für alle.

00:35:50: Genau.

00:35:51: Und zwei Faktoren, die vor allem ...

00:35:53: Wahrscheinlich auch die Erfahrung mit Ritalin früher,

00:35:56: ist, glaube ich, noch ein dritter Faktor.

00:35:59: Aber ich sehe noch zwei weitere Faktoren.

00:36:01: Und zwar hört man ja dann so, ja, Kind unter Drogen setzen,

00:36:04: weil man ja weiß, das sind Stimulanzien.

00:36:06: Und dann hab ich auch mal einen Kommentar gelesen,

00:36:09: ja, das geht gar nicht, weil das ist eigentlich das Gleiche wie Kokain.

00:36:14: Ja, Kokain ist halt auch eine Stimulanz.

00:36:16: Es ist halt aber eine Droge, die Leute zum Spaß nehmen.

00:36:19: Also, das ist halt wirklich ein Unterschied.

00:36:21: Und nur weil das chemisch relativ ähnlich sind,

00:36:23: weil das halt beides Stimulanzien sind,

00:36:26: ist es aber nicht das Gleiche.

00:36:27: Das Ding ist halt auch einfach, gerade Elvanze kann gar nicht

00:36:30: als Droge genommen werden, weil man diese Wirkung eben nicht spürt.

00:36:34: Also, halt ... es ist halt nicht wie so Kokain,

00:36:37: das ist halt so reinknallt. - Das ist auch so.

00:36:39: Ja, und man muss ja auch dazu sagen,

00:36:41: das unterscheidet ja nochmal so Droge von Medikament.

00:36:44: Beziehungsweise Drogen, die als Medikation verwendet werden.

00:36:48: Weil es gibt ja ganz viele spätdiagnostizierte ADHS-Lin,

00:36:52: die von einem sehr stark erhöhten Amphetamin- oder Kokain-Konsum

00:36:56: in der Vergangenheit berichten,

00:36:58: dass aber teilweise gar nicht mehr aus Spaß genommen haben,

00:37:01: sondern weil sie von der Wirkung profitiert haben.

00:37:04: Und es gibt ja einen Leidensdruck, den du versuchst zu lindern.

00:37:07: Das macht es für mich zu 'nem Medikament und nicht zu 'ner Droge.

00:37:11: Ich nehm das nicht aus Spaß. - Genau.

00:37:13: Es ist einerseits der Grund und halt auch die Dosis halt,

00:37:16: was es so ein bisschen unterscheidet.

00:37:18: Also, ich hab jetzt keine Panikattacken mehr.

00:37:20: Und ich hab an einem Tag, hab ich Elvanze nicht genommen,

00:37:24: das war letzte Woche irgendwann am Sonntag,

00:37:26: weil ich da, Martin hat mich richtig ausschlafen,

00:37:28: als ich hab zum Halb zwölf oder ich hab ewig geschlafen.

00:37:31: Und da war ich halt so, brauche ich's nicht mehr nehmen,

00:37:34: sonst kann ich heute Abend wieder nicht schlafen.

00:37:36: Und da hatte ich, obwohl der Tag mega entspannt war,

00:37:39: wirklich die Kinder waren entspannt, wir waren entspannt.

00:37:42: Es war der schönste Tag überhaupt, hatte ich am Abend 'ne Panikattacke.

00:37:46: Ich kann mich auch daran erinnern, dass ich Panikattacken habe,

00:37:49: seit ich denken kann.

00:37:50: Ich kenn das nicht ohne.

00:37:52: Ich glaube, mir hätte das als Kind wahnsinnig geholfen.

00:37:55: Hätte ich gewusst, dass ich ADHS habe

00:37:57: und da auch in der Schule Medikamente hätte nehmen können.

00:38:01: Und ich glaub, ein Grund, weshalb ich jetzt gesagt hätte,

00:38:04: ich will meinem Kind keine Medikamente geben,

00:38:07: ist halt, dass ich Angst gehabt hätte,

00:38:09: dass das Gehirn sich dann schlechter entwickelt.

00:38:12: Dadurch, dass man da extern was gibt.

00:38:15: Also irgendwie ...

00:38:17: Schien es mir logisch, dass wenn man jetzt Medikamente gibt,

00:38:20: die irgendwie die Botenstoffe im Gehirn beeinflussen,

00:38:23: dass das Gehirn sich dann schlechter entwickelt,

00:38:25: weil das irgendwie auf diese Botenstoffe angewiesen ist.

00:38:28: Aber wir haben ja gerade gelernt, dass das Gegenteil der Fall ist,

00:38:32: dass das Gehirn sich dann besser entwickelt.

00:38:34: Ich glaube, weil man auch immer ...

00:38:36: Das ist bei allen Sachen, dass man dann liest,

00:38:39: wenn du das dann nimmst, ne Zeit lang,

00:38:41: dann produziert dein Körper weniger davon.

00:38:43: Aber ich glaub, das stimmt halt gar nicht.

00:38:45: Du hast einen Schlagargument am Ende das, was du als Beispiel gebracht hast,

00:38:49: nämlich, dass neuronale Strukturen besser genutzt werden können,

00:38:52: mehr ausgebaut werden können.

00:38:54: Und dein Gehirn sich einfach besser entwickeln kann dadurch,

00:38:57: weil es durch die Medikation gefördert wird.

00:39:00: Rückblickend hätte ich mir das auch gewünscht.

00:39:02: Weil ich glaube, was viele ADHS-Lenin nachvollziehen können,

00:39:05: ist, das permanente Gefühl, hinter seinem eigenen Potenzial zu bleiben.

00:39:09: Ich bin nicht dumm und ich bin nicht faul.

00:39:12: Und das zieht sich ja durch dein Leben.

00:39:14: Und es hat auch signifikant meine Leistungen in der Schule

00:39:17: und fortführend beeinflusst.

00:39:18: Und ich glaube, ich hätte da einfach ...

00:39:20: nicht aus einem Leistungsaspekt,

00:39:22: aber aus einem Selbstwirksamkeitsaspekt mehr rausholen können.

00:39:26: Weil ich die ganze Zeit wusste, ich find das alles interessant.

00:39:30: Und ich will dieses Wissen irgendwie verinnerlichen.

00:39:33: Und ich will es teilen.

00:39:34: Und ich liebe auch Infodropping und will Menschen daran teilhaben lassen.

00:39:38: Und ich könnte ein geiles Abi schreiben.

00:39:40: Und ich könnte studieren und so weiter.

00:39:42: Und passiert das aber alles nicht?

00:39:43: Und ich schreibe schlechte Noten,

00:39:45: weil ich nicht geschissen kriege, für nüftig zu lernen

00:39:48: und keine Unterstützung hab in jeglicher Form.

00:39:51: Ja, und die ganze Zeit Schwänze ich zumindest,

00:39:53: weil ich irgendwie meine Ressourcen wieder ...

00:39:55: Das war mir auch gar nicht so klar,

00:39:57: aber das ist tatsächlich auch was, was Menschen mit ADHS viel machen.

00:40:01: Dieses Schwänzen, weil das quasi wie so ein sich selbst Pausen nehmen ist.

00:40:05: Weil ich hab mir immer nur gedacht, ich will nicht dahin gehen.

00:40:08: Aber ich hab irgendwie nie weiter gedacht, warum.

00:40:11: Mir hätte es viel Leidensdruck erspart,

00:40:14: weil ich eben auch, weil meine autistischen Symptome

00:40:16: da auch sehr stark waren in der Schulzeit,

00:40:19: weil ich nach Hause gekommen bin und die schlimmsten Mädler

00:40:22: uns überhaupt hatte.

00:40:23: Mir ging's einfach richtig, richtig, richtig schlecht.

00:40:26: Und die Schulzeit war auch definitiv schlimm für mich so.

00:40:29: Also nichts, was ich meinen Kindern auch wünschen würde so.

00:40:33: Und ich glaube, so geht es halt auch wirklich vielen Menschen mit ADHS.

00:40:36: Also im Nachhinein weiß ich nicht, ob ich sagen würde,

00:40:40: dass ich jetzt Medikamente gewollt hätte als Kind.

00:40:44: Aber ich hätte diese Diagnose gebraucht,

00:40:46: weil wir sind ganz viele Sachen immer passiert,

00:40:49: die in einer nicht passiertsten Teil,

00:40:51: auch gerade durch diese Ablenkbarkeit, durch dieses Abschweifen,

00:40:54: dass ich Tasks nicht zu Ende bringe.

00:40:57: Es sind immer so blöde Fehler passiert,

00:40:59: oder dass ich im Unterricht einfach nicht weiß, wo wir sind,

00:41:02: und dass ich irgendwie dann ausgelacht werde und so.

00:41:05: Und ich hab halt nie gecheckt, woran es liegt.

00:41:07: Ich bin super mir gezweifelt dadurch, wenn ich nicht gecheckt hab.

00:41:11: Bin ich jetzt dumm?

00:41:12: Warum passieren mir die ganze Zeit solche Sachen?

00:41:15: Und das hat auf jeden Fall mein Selbstwert stark mitgenommen.

00:41:18: Gerade in der Pubertät dann.

00:41:20: Und hätte ich einfach gewusst, dass ich ADHS hab,

00:41:24: wäre das gar kein Problem gewesen.

00:41:26: Hätte ich gewusst, das sind einfach ADHS-Symptome, ist okay.

00:41:30: Ich bin halt so.

00:41:31: Also mit der Diagnose, was bei mir so,

00:41:33: dass ich das erstmal akzeptieren konnte, dass ich sagen konnte,

00:41:37: das ist alles in Ordnung.

00:41:38: Ich bin halt so, dass ich nicht permanent Widerstand dagegen hatte

00:41:42: und immer auf Teufel kommen raus, versucht hab,

00:41:45: irgendwie es zu ändern, durch stärker konzentrieren oder so.

00:41:48: Das hat halt nichts gebracht.

00:41:50: Ich merke zum Beispiel bei mir persönlich,

00:41:53: dass es einen krass heilenden Effekt hat, auch emotional,

00:41:56: dass ich das Medikament nehme und merke, oh mein Gott,

00:42:00: ich kann das.

00:42:02: Ich bin nicht doof, so, ich kann das eigentlich.

00:42:06: Und es gibt eine logische Erklärung und ein Mittel,

00:42:09: was dagegen hilft.

00:42:10: Wieso? Ich früher so war, wie ich war.

00:42:12: Das macht unfassbar viel mit einem.

00:42:15: Natürlich, ich bin auch sehr diagnostiziert,

00:42:17: ich hab auch diese ganzen Negativ-Erfahrungen gemacht,

00:42:20: Abwertungsspiralen und so weiter durchlaufen.

00:42:23: Und ich merke, was für einen krassen Impact das auf mich hat,

00:42:26: an einem Tisch sitzen zu können und Inhalte verinnerlichen zu können

00:42:30: und zu merken, ich kann das und ich bin schlau.

00:42:33: Mir kommt es irgendwie, oder mir kam das immer zu Gute,

00:42:36: dass ich mir halt mit relativ wenig Aufwand relativ schnell ...

00:42:40: Also, ich konnte halt so ...

00:42:42: Ich hab mir das quasi immer angerebt, dass es in meiner Hand liegt,

00:42:46: weil ich halt immer so, ich hab nicht für die Arbeit gelernt,

00:42:49: deshalb war ich daran schlecht.

00:42:50: Aber ich wusste auch, wenn ich dafür lerne,

00:42:53: schaffe ich eine gute Note zu schreiben.

00:42:55: Ich hab das immer so bewusst gesteuert.

00:42:57: Ich weiß nicht irgendwie ...

00:42:59: Für mich ist der krasseste Ding,

00:43:01: dass ich keine Panikattacken habe

00:43:03: und dass ich halt einfach so kontinuierlich gleichmäßig funktioniere.

00:43:07: Und ich glaube, diese sich normal strukturieren.

00:43:09: Also, sich zum Beispiel nicht den einen Tag mit Tutus vollladen.

00:43:13: Also, das schaff ich jetzt erst, weil ich weiß, ich muss das gar nicht,

00:43:17: ich kann ja morgen auch noch.

00:43:18: Das war bei mir während der Schule auch so.

00:43:21: Mein Abi-Schnitt ist halt irgendwie nicht ganz so gut,

00:43:24: weil ich halt immer in den Klausuren bis zum Abi

00:43:26: halt immer nur so vier, fünf Punkte geschrieben habe.

00:43:29: Und dann hab ich dann Abi an sich,

00:43:31: wo man sich dann so zwei Wochen zu Hause drauf vorbereitet.

00:43:34: Da hab ich halt irgendwie nur einser und zweier geschrieben,

00:43:38: also nur 13, 11, 12, 13 Punkte.

00:43:39: Und ich glaub halt schon auch, dass es daran liegt,

00:43:42: dass ich halt einfach nur ganz kurz auf irgendwas Unterdruck

00:43:45: hinarbeiten musste.

00:43:46: Und dann fies mir aus irgendwelchen Grunde schwer,

00:43:49: einen Stoff von zwei Jahren nachzuholen innerhalb von zwei Wochen.

00:43:52: Aber so für eine Klausur lernen, wo es halt nur so ein paar Wochen ging,

00:43:56: das hab ich halt nie hingekriegt.

00:43:58: Ich hatte eine komplette Panik, weil ich sowieso ...

00:44:01: Also, ich war plötzlich mit Sachen konfrontiert,

00:44:04: die ich schon das ganze Jahr weggeschoben hab von mir,

00:44:07: weil ich sie schon die ganze Zeit nicht richtig verinnerlichen konnte.

00:44:10: Und das hatte nichts mit einer freien Wahl zu tun.

00:44:13: Ich saß davor und hab's nicht verstanden,

00:44:15: und hab innerlich geheult und auch äußerlich manchmal an manche Tagen,

00:44:19: weil jemand es mir zehnmal versucht hat zu erklären.

00:44:22: Und ich hab's einfach nicht begriffen.

00:44:24: Und ich hatte auch keine Unterstützung, Ergo,

00:44:26: ich wusste wie, aber es kam auch keinen Elternteil,

00:44:29: der sich mit mir hinsetzt und mir das noch mal versucht zu erklären.

00:44:32: Ja, und dir fehlt dann auch einfach, wenn deine Eltern da nicht

00:44:36: noch im Spiel sind, fehlt dir halt einerseits die Person,

00:44:39: die dir sagt, hey, Amira, es wird alles gut, wir kriegen das hin.

00:44:42: Weil wenn du erst mal gestresst bist, kannst du eh nicht hören.

00:44:46: Also, es ist nicht möglich. - Und ich hab dann einfach dicht gemacht.

00:44:49: Für mich war das, glaub ich halt ...

00:44:52: Ich weiß nicht, ob mir das zugutegekommen ist,

00:44:54: und das hat zumindest wahrscheinlich dann Selbstwert bewahrt.

00:44:57: Ja, ich glaub wirklich, dass es so eine Abwehrhaltung war.

00:45:00: Dann kam mir mein Autismus zugute in diesen 14 Tagen vom Abi,

00:45:04: weil ich diese Bücher durchgelesen habe.

00:45:06: Viel angenehmer fand mir, so Information durchzuließen,

00:45:09: als dass irgendein Lehrer mir das so vorerzählt

00:45:11: und dann noch 30 Schüler im Hintergrund mit ihren Stiften rasch.

00:45:15: Bei mir auch so.

00:45:16: Weil ich konnte, wenn ich das durchgelesen hab,

00:45:18: hab ich's immer auf Annie verstanden, aber am Unterricht nie.

00:45:22: Du hast auch schon viel, also würdet ihr ...

00:45:24: Du hast ja selber Kinder wie ich, aber würdest du deinen Kindern?

00:45:28: Wir können trotzdem eine unterschiedliche Meinung haben.

00:45:31: Was sagst du zu deinen Klienten, auch wenn die zu dir kommen,

00:45:34: und ich fragen, hey, sollen wir unserem Kind Medikamente geben?

00:45:37: Ich mach das halt total ...

00:45:39: Ich muss erst mal dazusagen, ich hab gar nicht so viele Eltern,

00:45:42: die mit mir darüber sprechen, weil ich kaum noch Kinder behandle,

00:45:46: bzw. ich hab grad gar nicht mehr, nur noch Erwachsene.

00:45:49: Ich bin immer nach der Stärke der Symptomatik

00:45:51: und wie stark das Kind negativ beeinflusst,

00:45:54: bzw. wie groß die Einschränkungen in der Schule sind.

00:45:57: Das ist ja meistens das, was die Eltern oder die Lehrer*innen

00:46:01: am meisten beschäftigt, so, dass halt die Noten leiden.

00:46:05: Mir persönlich geht's vor allem um das Wohlergehen des Kindes.

00:46:09: Also natürlich, ich will jetzt die Noten ...

00:46:11: Wir können die nicht komplett ausklammern,

00:46:14: aber ich würde ein bisschen weg vom Leistungsaspekt gehen.

00:46:17: Das ist nicht essentiell für das Glück und das Wohlgefinden des Kindes.

00:46:21: Genau, aber was natürlich häufig mit einhergeht,

00:46:23: ist halt das kindliche Verhalten innerhalb des Klassenkontexts,

00:46:27: alles, was so Regulation betrifft, Impulsivität,

00:46:31: andere Kinderablenken vom Unterricht.

00:46:34: Da haben Sie mich ganz viel gemacht.

00:46:37: Ja, ich natürlich auch.

00:46:38: Ich war der Klassenklauen schlechthin, 12 Jahre lang.

00:46:41: Ob das immer so aus freien Stücken passiert,

00:46:44: das hinterfrag ich heute stark.

00:46:46: Ich habe mich in der Familie gegeben,

00:46:48: aber ich selber habe darunter gelitten

00:46:50: und auch meine Klassenkamerad*innen dazu hat es dazu beigetragen,

00:46:54: dass alle meine sozialen Beziehungen in der Schule

00:46:57: meiner Meinung nach auch unter meiner ADHS-Symptomatik gelitten,

00:47:00: weil ich nicht in der Lage war,

00:47:02: vernünftige soziale Beziehungen zu führen.

00:47:05: Ich habe ständig inadequate Sachen gesagt,

00:47:07: ich habe mich inadequate verhalten, so, dass ich angeeckt bin

00:47:10: und Leute mich nicht mehr mochten.

00:47:13: Das ging schon in der Grundschule los

00:47:15: und ich habe mich auf jeden Fall ein unschönes Ende genommen

00:47:18: in der 12. Klasse.

00:47:20: Danach würde ich eher gehen.

00:47:22: Wenn man sieht, dass Kind leidet deutlich auf diesen Ebenen,

00:47:25: dann gibt es schon eine Indikation für Medikation.

00:47:29: Ja.

00:47:30: Gerade in der Schule ist es nicht schön für ein Kind,

00:47:33: wenn es ausgelacht wird, weil es so vercheckt ist,

00:47:36: dass es nie weiß, wo man ist.

00:47:38: Oder dann in der Dequarte Antworten gibt.

00:47:40: Oder wenn ein Kind Wutausbrüche vor der gesamten Klasse hat.

00:47:44: Oder ja, genau.

00:47:45: Ich habe mich auch ständig mit den Lehrer*innen angelegt.

00:47:48: Das sind Sachen, die passieren,

00:47:50: aber das ist nicht schön für ein Kind.

00:47:52: Aber das ist ein Ding von Autoritätsproblemen.

00:47:55: Das ist bei mir zumindest, ich brauche, dass alles logisch ist.

00:47:59: Wenn Lehrer was gesagt haben, was ich nicht nachvollziehen konnte,

00:48:02: musste ich was sagen.

00:48:03: Ich konnte mich da auch nicht zurückhalten.

00:48:06: Da kann man sich auch darüber streiten, ob das okay ist.

00:48:09: Ich würde es mir nicht komplett absprechen wollen in meiner Jugend,

00:48:13: weil es nicht ganz so gefährlich ist.

00:48:15: Es hat mich ja auch gefährdet.

00:48:17: Das sind gefährdende Situationen zum Teil.

00:48:19: Ich habe mich auch oft in Gefahr gebracht.

00:48:22: Gerade auch in meiner Pubertät, in meiner Jugend.

00:48:25: Die Risikobereitschaft von mir war einfach auch überhaupt nicht gut.

00:48:29: Es war wirklich gefährlich zum Teil.

00:48:31: Ich glaube, was wir vielleicht noch nicht ganz so stark besprochen haben,

00:48:35: aber ich glaube, da werden wir auch noch drüber sprechen.

00:48:39: Ich wollte es aber nur meinen Raum werfen,

00:48:41: dass wir uns auch Strategien an die Hand geben.

00:48:44: Auch schon einen sehr großen Teil ausmacht.

00:48:47: Dass man natürlich nicht das Erste was man macht,

00:48:50: wenn Kind ADHS hat, ist halt nicht, wir geben jetzt Medikamente.

00:48:54: Man schaut, was wir tun, was so Strategien das Kind braucht,

00:48:57: wo das Kind Schwierigkeiten und Daheit schaut.

00:49:00: Welches Skills braucht das Kind zum Bewältigen?

00:49:02: Weil Medikationen ja oder nein,

00:49:04: trotzdem diese Strategien, um die Schwierigkeiten zu bewältigen,

00:49:09: braucht man trotzdem.

00:49:11: Ja.

00:49:12: Das hast du schon erkannt, da kommen wir später drauf zu sprechen,

00:49:15: was die ideale Behandlungskombination ist.

00:49:18: Du meintest ja, dass es, bevor man über Medikation nachdenkt,

00:49:21: unabhängig vom Alter, sollte man auch über Strategien sprechen und so weiter,

00:49:26: was für mich so ein bisschen initiiert,

00:49:28: ist es jetzt wegen notwendig, Medis zu nehmen oder nicht?

00:49:31: Das ist das eine.

00:49:32: Und zum anderen, wenn man dann Medis nimmt,

00:49:35: obwohl es, sagen wir jetzt mal, hypothetisch, nicht notwendig wäre,

00:49:39: ist es dann Medikamentenmissbrauch.

00:49:41: Und das ist, finde ich, auch ein wichtiges Thema,

00:49:43: was wir besprechen sollten innerhalb dieser Folge.

00:49:46: Ab wann ist es denn eigentlich Missbrauch

00:49:48: oder gibt es überhaupt ein Missbrauch von ADHS-Medikation?

00:49:51: Ja, genau.

00:49:52: Ja, genau.

00:49:53: Ich habe auch rechnen jetzt nur von ADHS-Land, Leute.

00:49:56: Ich habe jetzt auch oft in diesem Forum gelesen,

00:49:59: wenn gerade Leute sich nicht sicher waren, ob sie die Diagnose haben

00:50:03: oder nicht, also, wo der Psychiater quasi gesagt hat,

00:50:06: wir vermuten das, jetzt nimm mal das Medikament,

00:50:08: und dann gucken wir mal, wie du darauf reagierst,

00:50:11: dass sie auch ein bisschen Angst hatten,

00:50:13: dass das Medikamentenmissbrauch ist.

00:50:15: Und haben auch ganz viele gesagt,

00:50:17: nee, das ist kein Medikamentenmissbrauch,

00:50:19: wenn du halt die Diagnose hast, kann es kein Medikamentenmissbrauch sein.

00:50:23: Und ich muss sagen, ich würde halt ...

00:50:25: Also, vielleicht ist es dann rechtlich gesehen,

00:50:27: kein Medikamentenmissbrauch, aber ich glaube schon,

00:50:29: dass es trotzdem Medikamentenmissbrauch geben kann,

00:50:32: wenn man auch die Diagnose hat.

00:50:34: Also, das stimme ich dir auf jeden Fall zu.

00:50:36: Ich glaube, bevor ich angefangen habe,

00:50:38: Erwanse zu nehmen und sowieso noch ein bisschen

00:50:40: eine kritischere Haltung hatte gegenüber Medikamenten,

00:50:43: weil eben die Nebenwirkungen bei mir so stark waren,

00:50:46: die generell so über diesen Kosten-Nutzeffekt nachgedacht.

00:50:50: Und warum Menschen so was sich antun sollten.

00:50:54: Wie gesagt, also, wir merken uns,

00:50:56: ich hab das Medikament nicht genossen,

00:50:58: es ging mir nicht so gut damit.

00:51:00: Und hab mich ganz oft gefragt, ob wir uns das antun

00:51:03: oder wir das jetzt nehmen,

00:51:05: weil wir irgendeinen Leistungsdruck haben,

00:51:07: den wir gerecht werden wollen.

00:51:09: Und das hat mich wirklich die letzten Monate beschäftigt

00:51:12: drauf und runter.

00:51:13: Wir leben ja in der Leistungsgesellschaft.

00:51:16: Es geht die ganze Zeit darum, dass wir irgendwas leisten müssen.

00:51:19: Und es fällt uns so oder so unabhängig von Neurodivergenz schwer,

00:51:22: uns davon zu distanzieren.

00:51:24: Ähm, einfach mal zu sein und nichts leisten zu müssen.

00:51:28: Inwiefern, hab ich mich dann gefragt,

00:51:30: steigern Menschen ihre Produktivität mit diesem Medikament

00:51:34: und machen dementsprechend auch so ein bisschen ihren Wert davon abhängig.

00:51:38: Weil sie durch das Medikament in der Lage sind, mehr zu leisten.

00:51:41: Und dann sozusagen auch emotional abhängig davon werden,

00:51:45: weil wenn sie das Medikament nicht nehmen können sie nichts leisten.

00:51:48: Ergos sind nicht gut genug für diese Gesellschaft.

00:51:51: Ist ja im Prinzip auch ein bisschen das, was du vorher gesagt hast,

00:51:54: dass du denkst, du kannst es halt nicht leisten, nicht zu funktionieren.

00:51:58: So, weißt du was ich meine?

00:51:59: Ja gut, aber weniger aus einem karriereorientierten Leistungsgedanken,

00:52:03: der auch, also der sicherlich auch da.

00:52:05: Und ich würde jetzt auch nicht sagen, dass das falsch ist,

00:52:09: wenn jemand irgendwie in dieser Gesellschaft

00:52:11: die E-Aufleistung aufbaut, auch Leistung bringen möchte.

00:52:14: Und der Faktor, dass meine Familie drunter leidet.

00:52:17: Und ich das nicht will.

00:52:19: Voll.

00:52:20: Nee, ich fand es nur spannend, weil das ist für mich,

00:52:23: also für mich hätte das gar nicht so richtig ...

00:52:25: Ich fand es halt sehr spannend in dem Kontext,

00:52:28: dass du halt leisten und funktionieren benutzt hast als Wörter.

00:52:31: Weil für mich ist Funktionieren was anderes,

00:52:35: als einfach nur lebendig sein.

00:52:37: Also was, also weil ...

00:52:39: Ich weiß nicht, wie ich das sagen soll.

00:52:41: Aber das ist so, mit den ADHS-Medikamenten lebe ich wieder.

00:52:45: Das bedeutet halt, ich mache wieder Dinge,

00:52:47: die normale Menschen auch machen, die für die ganz normal sind.

00:52:50: Und ich funktioniere nicht.

00:52:52: Funktionieren wäre für mich darüber hinaus,

00:52:54: wenn ich zum Beispiel bis nach zum Dreiewäschefalte

00:52:57: und am nächsten Tag um sechs auf der Mathe stehe und wieder arbeite.

00:53:01: Das wäre für mich Funktionieren. - Ja.

00:53:03: Ich glaub, da hab ich einfach noch ein bisschen ...

00:53:05: Ich funktioniere immer, egal, scheiß auf, ich schlaf drei Stunden.

00:53:09: Genau. Und das würde ich bei dir nämlich auch sagen,

00:53:12: dass du nicht funktionierst nach meiner Definition,

00:53:15: sondern einfach nur lebst.

00:53:16: Und dass du halt einfach ...

00:53:18: Dass du die Kinder von der Kita abholen kannst

00:53:20: und danach nicht schlafen gehen musst,

00:53:22: ist das ein sehr normaler Move.

00:53:23: Das machen neuropybische Menschen auch.

00:53:25: Ich hab das tatsächlich ...

00:53:27: Wir haben uns ja jetzt viel in den letzten Wochen

00:53:29: darüber ausgetauscht und ich hab viel darüber nachgedacht.

00:53:32: Mittlerweile bin ich auch zu dem Punkt gekommen,

00:53:35: dass quasi die Medikation nicht macht, dass ich funktioniere für andere,

00:53:39: dass ich das nicht machen kann. - Ja.

00:53:41: Und dass ich nicht unter mir selber leide.

00:53:43: Und ich hab vorhin ja auch schon diese Analogie verwendet,

00:53:46: dass du quasi, wenn du irgendwie ein Glas auf dem Regal hast,

00:53:49: und du hast eine Erwachseneperson, die groß genug ist,

00:53:52: um da dranzukommen und du hast ein Kind,

00:53:54: was natürlich nicht groß genug ist und dann nicht rankommt,

00:53:57: würdest du ja auch nicht dem Kind sagen,

00:53:59: jetzt versuchen wir da ranzukommen ohne Hilfsmittel.

00:54:02: Es kommt natürlich nicht dran, weil es nicht groß genug ist,

00:54:05: sondern würdest dem Kind wahrscheinlich ein Stuhl oder ein Hocker hinstellen.

00:54:09: Und das ist ja auch eine Erleichterung.

00:54:11: Weil ich dadurch das Gefühl habe, ich kann endlich Teil haben.

00:54:14: Am gesellschaftlichen Leben, gerade in Bezug auf,

00:54:17: wo es mich am meisten tatsächlich noch neben meinem Job stört,

00:54:20: sind so soziale Events.

00:54:22: Weil ich eigentlich eine totale soziale Person bin

00:54:25: und gerne unter vielen Menschen bin,

00:54:27: aber Reize so schlecht verarbeiten kann,

00:54:29: dass ich ganz schnell ausgelaugt bin und dann gehen muss.

00:54:32: Und das finde ich so schade.

00:54:34: Und die Vorstellung, dass das Medikament dafür sorgt,

00:54:37: dass es so eine Erleichterung ist.

00:54:39: Also in dem Moment ist es ein Hilfsmittel.

00:54:42: Ja.

00:54:43: Ja.

00:54:44: Ja, also wie es einfach Leben halt.

00:54:46: Es ist einfach was, was andere ganz normal machen.

00:54:49: Ich glaube tatsächlich auch, dass das schon auch damit zusammenhängt.

00:54:53: Da werden wir wieder beim Stichpunkt "Behinderung",

00:54:55: dass wir einfach in der Welt leben, in der wir nicht so funktionieren,

00:54:59: weil die Welt eben so ist, wie sie ist.

00:55:01: Also es ist halt so, wir haben eine unsichtbare Behinderung.

00:55:04: Du hast gesagt, dass, willst du es noch mal erklären,

00:55:07: ab wann es eine Behinderung ist?

00:55:09: Ja, genau.

00:55:10: Wir haben uns grundsätzlich gefragt, ob ADHS eine Behinderung ist.

00:55:14: Es ist per se erst mal nicht.

00:55:16: Es ist erst mal eine Störung und als Störung klassifiziert.

00:55:19: Aber die Ausprägung der Symptomatik kann dazu führen,

00:55:22: dass es zu einer Behinderung wird.

00:55:24: Sprich, je stärker deine Symptome sind,

00:55:26: je weniger du teilhaben kannst,

00:55:28: je mehr du eingeschränkt bist in deinem Leben und in deiner Funktionalität,

00:55:32: desto mehr kann man auch mit einem Grad bewertet werden.

00:55:35: Also grad der Behinderung.

00:55:37: Ja, ich glaub, ganz spontan denke ich mir,

00:55:40: gut, ich seh's bei mir nicht als Behinderung,

00:55:42: aber bei dir, glaub ich schon.

00:55:45: Ich glaub auch, ich weiß nicht, ob ich jetzt anfange zu weinen.

00:55:48: Ich hab grad drüber nachgedacht, und ich glaube,

00:55:51: dass der auch relativ hoch wäre.

00:55:53: Also durch Autismus und ADHS.

00:55:55: Aber du hast was so wenig in der Lage, normal zu leben

00:55:59: und normalen Alltag zu haben.

00:56:01: Ja. - Das war schon krass.

00:56:03: Ja, voll.

00:56:05: Ich glaube, dass man relativ schnell sogar den Grad der Behinderung bekommt.

00:56:09: Also ich glaube, dass ihr beide den auch bekommen würdet tatsächlich.

00:56:13: Weil ihr halt auch nicht voll arbeitsfähig seid und so.

00:56:16: Und ich glaub, da setzt es halt schon an.

00:56:19: Und ich will an der Stelle nur sagen, dass das sinnvoll sein kann.

00:56:23: Also für uns ist es nicht so richtig sinnvoll,

00:56:25: den Grad der Behinderung zu beantragen, weil wir selbstständig sind.

00:56:29: Wenn man Arbeitgeber hat, kann es wirklich sinnvoll sein,

00:56:32: den Grad der Behinderung bestimmt zu lassen, beantragen.

00:56:35: Weil man bekommt mehr Arbeitnehmerrechte.

00:56:37: Und man bekommt vor allem auch steuerlichen Nachlass.

00:56:40: Also ich bekomme jetzt durch meine Autismusdiagnose

00:56:42: auch steuerliche Nachlässe zum Beispiel.

00:56:44: Und man bekommt auch Ansprüche auf Pflegehilfe und solche Sachen.

00:56:48: Also ich glaub, dass es sehr hilfreich sein kann.

00:56:51: Und ich denke, es würde vielleicht auch helfen,

00:56:54: diese Behinderung mehr sichtbar zu machen.

00:56:56: Weil das ist halt so ein Ding von ...

00:56:58: Wir leben halt ...

00:57:00: Wir haben jetzt wie es ist nicht im Rollstuhl,

00:57:02: wir sind nicht blind, so ist es keine sichtbare Behinderung.

00:57:06: Gleichzeitig ist die Welt aber nicht für Menschen mit ADHS

00:57:09: oder Autismus gemacht.

00:57:11: Und das ist halt dann auch einfach so,

00:57:13: dass die Welt nicht barrierefrei ist für uns.

00:57:15: Und diese Medikamente sind halt wie ein Rollstuhl.

00:57:18: Das ist halt einfach so ...

00:57:20: Ich weiß nicht, ob das jetzt vermessen ist,

00:57:22: aber es ist halt wirklich so, dass es einfach ...

00:57:24: die Medikamente aufhört zu wirken, kannst du halt immer noch nicht laufen.

00:57:27: Du sitzt im Rollstuhl, du kannst dich fortbewegen,

00:57:30: aber du kannst trotzdem immer noch nicht laufen.

00:57:32: Es ist einfach nicht dasselbe.

00:57:34: Zu dem Thema fällt mir auch ein, dass ich, glaub ich,

00:57:37: auch einfach zum gewissen Gerat ziemlich arbeitsunfähig war.

00:57:40: Weil ich wollte immer richtig arbeiten und gute Arbeit machen.

00:57:43: Und hab gleichzeitig gemerkt, dass ich das nicht schaffe.

00:57:47: Also so ein acht-Stunden-Tag.

00:57:49: Ich bin einfach dann ständig krank gewesen.

00:57:52: Und ich konnte das einfach nicht.

00:57:55: Es ging nicht so.

00:57:57: Ich hab mir alle Mühe gegeben, aber es war nicht möglich.

00:58:00: Ja, ist bei mir ja genau das Gleiche.

00:58:02: Also ich arbeite als Ergotherapeutin in Teilzeit und bin angestellt.

00:58:06: Jetzt hab ich das Privileg, dass ich mir ...

00:58:08: dass niemand meine Therapien kontrolliert,

00:58:11: mir niemand was vorschreibt großartig.

00:58:13: Ich krieg sehr viel freie Hand und das find ich auch schön so.

00:58:16: Aber alle, die jetzt zuhören und in dieser Branche tätig sind

00:58:21: oder Logopäden oder Physiotherapeutinnen sind,

00:58:24: die wissen, wir sind nahtlos zugetaktet mit Terminen.

00:58:27: Das heißt, in der fünf-Stundenschicht,

00:58:29: wenn ich effizient arbeiten soll,

00:58:32: habe ich Termin an Termin ohne Pause dazwischen.

00:58:35: Also explizit fünf Stunden, weil ich arbeite fünf Stunden pro Tag.

00:58:38: Also ich hab mir das so gelegt quasi.

00:58:40: Dass ich meine 25 Stunden gleichmäßig aufteile

00:58:43: und dann einfach fünf Stunden am Stück durcharbeite.

00:58:46: Aber das bedeutet, dass ich fünf mal 60 Minuten hintereinander

00:58:49: mit den vielen Menschen, die auch Neurodivergenz sind,

00:58:52: therapeutische Gesprächsführung und Coaching mache.

00:58:55: Jetzt stellt euch das mal vor, wie anstrengend das schon

00:58:59: für neurotypische Menschen sein muss.

00:59:01: Ich komme danach nach Hause und wundere mich,

00:59:03: wieso ich erst mal drei Tage durchschlafen will,

00:59:05: obwohl ich schon nur fünf Stunden arbeite.

00:59:08: Ich hab gemerkt, dass mir das unangenehm ist,

00:59:11: als ich angefangen habe, Bekannten davon zu erzählen.

00:59:14: Und die meinten, na, wieso arbeitest du nicht mehr?

00:59:18: Ich bin danach brei, also wirklich.

00:59:21: Und ich bin nach der Arbeit dann nicht mehr fähig.

00:59:24: Und das ist egal, ob das dann sechs Stunden, sieben oder acht Stunden sind.

00:59:27: Du kannst mich in die Tonne kloppen.

00:59:29: Ich kann nicht mit meiner WG vernünftig kommunizieren.

00:59:32: Ich komme nach Hause, ich hab so schlechte Laune,

00:59:35: oder bin teilweise non-verbal, dass ich mit meinem Mitbewohnnis

00:59:38: nicht mehr richtig in Kontakt treten kann.

00:59:40: Muss mich ins Bett legen und erst mal eine Treffe regenerieren,

00:59:43: ohne Reize, bis ich überhaupt sozial fähig wieder bin.

00:59:47: Und dann muss ich mich nicht mehr verhaben, die du versorgen musst.

00:59:51: Das will ich mir ja.

00:59:53: Das habe ich wirklich nichts mehr gemacht, außer geschlafen.

00:59:56: Wenn die Kinder nicht da waren, weil ich mich von den Kindern

00:59:59: die ganze Zeit regenerieren musste.

01:00:01: Da muss man auch dazu sagen, dass ich zum Teil so disreguliert war,

01:00:05: dass ich die Kinder irgendwie angeschrien habe.

01:00:08: Weil ich eher zusammengebrochen bin.

01:00:10: Und an der Stelle Triggerwarnung, Depression oder keine Ahnung.

01:00:13: Ich hatte auch kontinuierlich Selbstmordgedanken.

01:00:16: Das ist für mich, dass ich sonst nicht regenerieren kann.

01:00:19: Das nie wieder aufhört.

01:00:21: Und die Medikamente haben wirklich alles verändert, was das angeht.

01:00:26: Deshalb ist es wirklich so, wie wenn man ...

01:00:28: Ich glaube, gesellschaftlich ...

01:00:30: Erstens ist es, glaube ich, internalisierte Ableismus.

01:00:33: Dass man das ablehnt, weil man denkt sich nicht,

01:00:35: ich will ja aber funktionieren ohne die Medikamente.

01:00:38: Das kann ja nicht wahr sein, wenn es nicht anders geht.

01:00:41: Das ist im Prinzip dasselbe, wenn man im Rollstuhlfahrer sagt,

01:00:45: dass man nicht Menschen, die chronisch krank sind,

01:00:48: Morbuskronen, die müssen ja auch Medikamente dafür nehmen.

01:00:51: Die nehmen auch Medikamente.

01:00:53: Da geht ja auch niemand hin und sagt, das ist nicht okay,

01:00:56: dass du dein Leben lang nimmst.

01:00:58: Man merkt voll, dass psychische Erkrankungen stigmatisiert sind.

01:01:01: Wenn jemand Depression hat und sein Leben lang antidepressiver nimmt,

01:01:05: dann will ich die nicht mal wieder absetzen.

01:01:07: Warum sagt man das eigentlich?

01:01:10: Es geht dich aber nichts an.

01:01:12: Ich bin nicht geblieben, dass die Menschen das nicht können.

01:01:15: Ich will mir jetzt nicht eingestehen, dass ich das nicht kann.

01:01:18: Das hat mir auch drüber gesprochen,

01:01:20: dass in der Bewegung viele sind, das ist keine Behinderung,

01:01:23: das ist eine Superkraft.

01:01:25: Für mich ist es internalisierte Ableismus.

01:01:27: Das ist auf jeden Fall eine heiße These,

01:01:29: die ich aber gerne unterstützen möchte.

01:01:32: Weil je mehr ich mich mit Neurodiversität auseinandersetze,

01:01:35: desto mehr kotzt es mich an.

01:01:37: Ich sag es wie es ist, weil ich finde es super wichtig,

01:01:41: dass wir darüber sprechen, dass es eine Veränderung der Neuronalen

01:01:44: Strukturen ist und dass es okay ist, dass wir existieren.

01:01:47: Auf jeden Fall.

01:01:49: Aber innerhalb unserer Gesellschaft, so wie wir als Gesellschaft funktionieren,

01:01:53: ist es für mich eine Behinderung.

01:01:55: Ich will nicht die ganze Zeit nur über meine Stärken sprechen.

01:01:58: Ich weiß, was das alles für Stärken mit sich bringt.

01:02:00: Das ist ganz toll.

01:02:02: Das thematise ich in den Coachings auch immer,

01:02:05: um den Selbstwert meiner Clienties zu steigern,

01:02:07: damit sie sich nicht nur auf die Nachteile fokussieren.

01:02:09: Ja, das ist ja so hier Menschen mit Behinderung.

01:02:12: Zum Beispiel Anna-Lina Forster heißt sie ist auch bei den Paralympics

01:02:16: sehr erfolgreich im Ski.

01:02:18: Und die wurde halt nur mit einem Bein geboren.

01:02:20: Und das eine der Beine ist auch verkürzt.

01:02:22: Sie hat das Beste draus gemacht.

01:02:24: Sie ist jetzt Paralympische Sportlerin und sie ist halt übelst krass.

01:02:28: Sie ist übelst erfolgreich.

01:02:31: Aber gleichzeitig würde ja auch niemand auf die Idee kommen, ihr zu sagen,

01:02:34: ja, aber dann ist doch alles gut, ist doch eine Superkraft.

01:02:37: Ja, es ist halt so, na klar bringt ADHS auch Stärken mit sich,

01:02:41: die vielleicht neurotypische Menschen da nicht haben.

01:02:45: Aber diese Stärken liegen nicht in der normalen Lebensbewältigung.

01:02:50: So, dann kriegst du halt deinen Eittag nicht geschissen,

01:02:53: aber hast halt irgendwie coole Stärke, dass du halt besonders kreativ bist.

01:02:56: Da bin ich halt zu kreativ, ja. - Ja, das ist schön.

01:02:58: Aber trotzdem ist es ja auch Neidensdruck da so.

01:03:01: Und es kommt da drauf an, wie man halt ...

01:03:03: Also, kommt auf die Umstände an, bin ich jetzt irgendwie

01:03:06: selbstständiger Musiker und kann hier irgendwie das machen,

01:03:10: worauf ich Bock hab.

01:03:11: Die können auch nicht immer machen, worauf sie Bock haben.

01:03:14: Oder bin ich jetzt angestellt und hab einfach die Möglichkeit nicht.

01:03:18: Das ist schon sehr von den Umständen abhängig,

01:03:20: wie gut oder wie schlecht es einem dann geht.

01:03:23: Und in dem Moment, wo du das verharmen musst

01:03:25: und das die ganze Zeit romantisiert und in so einem positiven Licht darstellst,

01:03:30: nimmst du ja auch Menschen die Möglichkeit,

01:03:32: weiter dafür zu kämpfen, dass die Gesellschaft

01:03:35: oder das gesellschaftliche Leben barrierefrei gestaltet wird.

01:03:38: Weil wir müssen ...

01:03:39: Wenn du die ganze Zeit darüber sprichst,

01:03:41: dass es nicht so schlimm ist und das ein Neurodivergent ist,

01:03:45: dass wir neurologische Vielfalt haben,

01:03:47: kannst du gleichzeitig die Frage stellen,

01:03:49: wozu brauchen wir denn barrierefreiheit?

01:03:51: Dann schafft euch doch euer Umfeld so, wie es euch gut tut.

01:03:54: Und dann ist doch alles schön.

01:03:56: Machen ja auch viele, die neurodivergent sind,

01:03:59: indem sie selbstständig sind, zum Beispiel.

01:04:01: Aber okay, ich kann's trotzdem nicht.

01:04:03: Dass vielleicht nicht alle neurodivergenten Menschen

01:04:06: selbstständig sein wollen.

01:04:08: Ich will nicht selbstständig sein, ich hab keinen Bock drauf.

01:04:11: Ich weiß nicht, ob ich's sein will, ich hab keine Wahl.

01:04:14: Hab ich gar nicht angestellt,

01:04:16: kommt für mich überhaupt nicht in Frage.

01:04:18: Also, ich find halt ...

01:04:20: Es ist ja gar nicht die Frage so, es wird oft gesagt,

01:04:23: bei den Jägern und Sammlern war das voll vorteilhaft,

01:04:26: weil es waren die besten Jäger.

01:04:27: So würde ich mir denken, wir sind keine Jäger und Sammlern mehr.

01:04:31: Ja, aber ich find halt ... - Das ist nur ne These, oder?

01:04:34: Selbst wenn es stimmen würde, ändert es nichts daran,

01:04:37: dass es uns jetzt nichts mehr bringt, de facto.

01:04:40: Ich bin mir ganz sicher, dass es Situationen und Einfluss

01:04:43: und keine Ahnung, was es gibt,

01:04:44: bei denen Autismus und ADHS gar nicht so schlimm sind,

01:04:47: sondern vielleicht sogar cool sind oder normal sind,

01:04:50: oder keine Ahnung, bin ich mir zu 100 Prozent sicher,

01:04:53: aber das ist in unserer heutigen Welt nicht möglich,

01:04:56: oder zumindest nicht in der wir jetzt leben.

01:04:58: Ja. - Exakt, ja.

01:05:00: Voll.

01:05:02: Aber jetzt sind wir ein bisschen abgeschweifelt,

01:05:04: weil wir wollten eigentlich darüber sprechen,

01:05:07: was Medikamentenmissbrauch ist. - Ich kann das nicht abschweifen.

01:05:10: Weil ich mein, jetzt haben wir die Aspekte besprochen,

01:05:13: warum es voll logisch ist, dass Menschen halt ...

01:05:16: sich wünschen, leistungsfähig zu sein.

01:05:19: Und zwar vielleicht sogar auf nem Level,

01:05:21: auf dem sie es eigentlich nicht sein können.

01:05:23: Abgesehen davon mit diesen 25 Stunden,

01:05:25: wenn du Medikamente nehmen würdest,

01:05:27: dann würdest du länger arbeiten können.

01:05:30: Ja, ja, ein bisschen mehr könnte ich schon schaffen.

01:05:32: Ich glaub, 30 Stunden wär wahrscheinlich noch drin.

01:05:35: Aber nun ist es ja trotzdem therapeutischer Arbeit

01:05:38: und unabhängig von der Neuhrut, der will ganz auch ...

01:05:41: Es schafft mich. - Ja.

01:05:42: Ich liebe den Job, aber es ist anstrengend.

01:05:45: Deswegen glaub ich, wären mehr als 30 Stunden nicht drin.

01:05:48: Ich glaub, ehrlich gesagt, nachdem du geschildert hast,

01:05:51: dass du gar nicht mehr arbeiten könntest.

01:05:53: Ich glaube, du könntest 25 Stunden arbeiten, Medikamente nehmen,

01:05:57: dann würdest du nach Hause kommen und dir nicht so scheiße gehen.

01:06:00: Außer du du siehst halt über.

01:06:02: Weil genau, das ist eben bei den Medikamenten noch nicht so,

01:06:05: dass du dann sagst, okay, das hilft mir jetzt.

01:06:08: Dann nehm ich jetzt mehr und dann hilft's mir mehr.

01:06:11: Also, es hilft halt bis zum gewissen Grad.

01:06:13: Ich kann jetzt meine Dosis nehmen und das hilft mir.

01:06:16: Aber es ist jetzt trotzdem nicht so,

01:06:18: dass ich jetzt easy Vollzeit arbeiten gehen könnte

01:06:22: in nem anstrengende Job.

01:06:24: Das würde ich, glaub ich, dann einfach nicht schaffen.

01:06:27: Und ich hab auch nicht die Möglichkeit, mehr zu nehmen,

01:06:30: das hilft nämlich nicht mehr.

01:06:31: Weil dann kommen relativ schnell Überdosierungserscheinungen,

01:06:34: die dann wieder sehr unangenehm sind.

01:06:37: Zumindest wenn's die eigene Gesundheit wichtig ist.

01:06:40: Nee, das ist einfach auch bei mir sehr unangenehm.

01:06:43: Und dann funktioniert halt auch, also, dann geht bei mir gar nichts mehr.

01:06:47: Möchtest du dann direkt mal beschreiben,

01:06:49: wie du so eine Überdosierung spürst?

01:06:51: Nee, bei mir selbst ist tatsächlich, innere Unruhe wird relativ stark.

01:06:55: Und dass ich so ...

01:06:57: ich bekomme dann auch so Herzrasen.

01:06:59: Und dann werde ich halt auch dadurch so ein bisschen gereizt.

01:07:03: Auch dadurch, dass ich diese innere Unruhe hab.

01:07:06: Und dann bin ich irgendwann auch so ein bisschen ...

01:07:09: auch wie so ...

01:07:11: ja, wie wieder verstärkte ADHS-Symptome.

01:07:14: Dass ich die ganze Zeit brauche hier und dahin

01:07:16: und die ganze Zeit was machen muss.

01:07:18: Aber irgendwie nichts hab, was mir jetzt hilft,

01:07:21: diese Unruhe wirklich zu bewältigen.

01:07:23: Und dann kann ich mich auch gar nicht mehr konzentrieren.

01:07:26: Also, das ist wirklich dann wieder voll das Gegenteil von Helfen.

01:07:30: Ja, voll würde ich so auch unterstreichen.

01:07:32: Also, dadurch, dass ich mich mit einem neuen Medikament rangetastet habe,

01:07:36: dann auch gemerkt, okay, 30 Milligramm hab ich mir gewünscht

01:07:39: von meinem Psychiater, weil ich von sehr vielen anderen gehört hab,

01:07:43: dass sie 30 Milligramm nehmen.

01:07:45: Ich hab das dann das erste Mal genommen und war ein bisschen verwundert,

01:07:49: weil ich hatte plötzlich verstärkte ADHS-Symptome.

01:07:52: Ich dachte mir, hoppala, was ist denn hier los?

01:07:54: Also, es ist quasi eine Kapsel, die mit Pulver gefüllt ist,

01:07:57: und hab dann was von dem Pulver rausgemacht aus der Kapsel,

01:08:01: sodass ich selber niedriger dosiere.

01:08:03: War dann wahrscheinlich circa bei 20 Milligramm statt 30.

01:08:06: Und da war alles normal.

01:08:07: Da hab ich mich einfach nur ruhig gefühlt,

01:08:09: so wie Medis wirken soll,

01:08:11: nämlich, dass du ruhig und sortiert bist im Kopf.

01:08:13: Und dann hab ich einen anderen Tag wieder 30 Milligramm genommen

01:08:17: und gemerkt, ich hab plötzlich Panikattacken.

01:08:19: Ich hab in einer Unruhe Panikattacken

01:08:22: und hab dann noch nicht mehr oder so.

01:08:24: Und war total unruhig, war mega gereizt, mega reizoffen.

01:08:27: Da find ich es auch total wichtig zu sagen.

01:08:30: Und das hat Marlis rausbekommen.

01:08:32: Vielleicht möchtest du das erzählen? - Ja, das wollte ich erzählen.

01:08:35: Und zwar war es mir halt ...

01:08:37: Mein Psychiater hat mir das nur so ein bisschen erzählt,

01:08:40: dass man anfängt, niedrig zu dosieren und dann eher noch hoch geht.

01:08:43: Das hat mir z.B. niemand erzählt, am Jira offen war auch nicht.

01:08:46: Also, viele Psychiater*innen scheinen das auch nicht so handzuhaben.

01:08:50: Das geht damals.

01:08:51: Da hat er mir halt 5 Milligramm verschrieben.

01:08:54: Die gibt's, glaub ich, sogar in 2,5 Milligramm auch noch.

01:08:57: Aber das hab ich ja relativ schnell dann auch abgesetzt.

01:09:00: Bei Elvans ist es einfach so, dass es eigentlich nur

01:09:02: die 30 Milligramm gibt als Adultversion quasi.

01:09:05: Und ich glaub, jetzt gibt's manchmal auch 20 Milligramm.

01:09:08: Für Kinder gibt es, glaub ich, auch 10, 15 und 20.

01:09:10: Ich glaub, 20 ist für Kinder die maximale Dosis,

01:09:12: was ich auch sehr gut finde.

01:09:14: Ich wurde aber tatsächlich bei Kindern unter 5 Milligramm anfangen.

01:09:18: Von dem, was ich jetzt gelesen habe, nämlich ist es so,

01:09:21: dass diese 30 Milligramm bei den Allermeisten

01:09:24: tatsächlich schon überdosiert sind.

01:09:26: Und dass viele das einfach gar nicht wissen.

01:09:29: Weil man sollte eigentlich als erwachsene Person

01:09:31: mit entweder auch mit einem Gramm anfangen

01:09:33: oder halt mit 5 Milligramm, also eine Woche lang 5 Milligramm nehmen,

01:09:37: um halt auch so ein bisschen die Tagesform.

01:09:39: Also, wenn du's halt nur an einem Tag nimmst und direkt erhöhst,

01:09:43: dann kann es auch sein, dass du an dem Tag etwas anders gegessen hast

01:09:46: oder was du geleistet hast.

01:09:48: Deshalb sollte man immer eine Dosierung quasi über eine Woche lang nehmen

01:09:52: und dann 5 Milligramm erhöhen.

01:09:53: Ich hab das auch so gemacht, dass ich halt,

01:09:55: ich muss sagen, 5 Milligramm hab ich nur einen Tag genommen,

01:09:58: davon hab ich gar nichts gemerkt, ich hab mit 10 Milligramm angefangen.

01:10:02: Die hab ich dann eine Woche genommen, dann 15 Milligramm,

01:10:05: dann 20, dann 25 und dann am Ende bin ich bei 30 gelandet.

01:10:08: Ich würde tatsächlich auch sagen, ich glaube, 25 wäre meine optimale Dosis,

01:10:12: aber dadurch, dass die 5 Milligramm zu viel jetzt nicht so schlimm sind

01:10:16: und die 5 Milligramm zu dosieren, halt super kompliziert ist,

01:10:19: wenn man diese 30 Milligramm Kapseln einfach aufteilen muss,

01:10:22: hab ich mich für 30 Milligramm entschieden,

01:10:24: weil 20 ist einfach ein bisschen zu wenig.

01:10:26: Man kann die einfach aufmachen, in Wasser auflösen

01:10:29: und dann mit einer Spritze machen, so machen wir das immer.

01:10:32: Und das ist auch wichtig zu wissen,

01:10:34: dass diese weißen Teilchen, die man da sieht,

01:10:36: das ist nicht das Medikament, sondern das sind einfach nur so ...

01:10:39: Ich weiß, das heißt irgendwie, das ist halt so ein Zusatzprodukt,

01:10:43: was man mit reinmischt irgendwie,

01:10:45: wie so ein Platzhalter quasi.

01:10:47: Das löst sich nämlich nicht in Wasser.

01:10:49: Wir sprechen jetzt über Elvanse, nur über Elvanse,

01:10:52: weil bei Medikinet bitte nicht die Kapseln trennen,

01:10:55: das darf man da nicht machen, aber bei Elvanse geht das.

01:10:58: Genau, und das hat mir mein Psychiater nämlich auch gesagt,

01:11:01: der hat mir auch so einen Aufklärungsbogen,

01:11:03: da hat er gemeint, sie können die auch teilen

01:11:06: und dann niedriger anfangen und so weiter.

01:11:08: Genau, das hab ich auch gemacht, weil ich ja eben durch die ...

01:11:11: weil ich eine Überdosisierung vermeiden wollte

01:11:13: und ich hatte auch die Panikattacken, die ich ja auch jetzt bei Medikinet hatte.

01:11:17: Also, ich muss sagen, dass ich das wirklich allen empfehlen würde.

01:11:20: Weil ich glaube, viele steigen bei 30 Milligramm ein

01:11:23: und haben dann nicht optimale Symptome.

01:11:25: Und das Problem ist halt, Unterdosierungssymptome

01:11:28: können ähnlich sein wie Überdosierungssymptome,

01:11:30: aber bei Elvanse eigentlich nicht, weil ...

01:11:32: Ja, keine Ahnung, warum ist ja auch egal.

01:11:34: Aber also, das Ding ist einfach,

01:11:37: ich glaub, viele Psychiater kennen sich noch nicht so gut damit aus,

01:11:40: und ich hab jetzt echt schon oft gelesen,

01:11:42: dass ich wirklich so eine hohe Dosis nehme.

01:11:44: Also gelesen meine ich nicht in Forenose,

01:11:46: sondern dass sie mir das geschrieben haben

01:11:48: und dass sie sich damit nicht wohlfühlen

01:11:51: und der Psychiater jetzt aber gesagt hat,

01:11:53: dass sie noch mehr nehmen sollen.

01:11:55: Also, ich seh mich da nicht in der Situation,

01:11:57: das irgendwie zu beurteilen, weil ich bin ja nur ...

01:12:00: Das sind ja nur irgendwelche Follower, die mir schreiben.

01:12:02: Aber wenn ich das so gelesen habe,

01:12:04: dachte ich mir immer, das klingt nach einer starken Überdosierung,

01:12:08: die du da jetzt schon hast und jetzt sollst du sogar noch mehr nehmen.

01:12:11: Ich hab mich auch schon auf den Kanal "FORG" wirklich sehr viele schreiben,

01:12:15: dass sie 5-10 Milligramm nehmen und damit richtig, richtig gut klarkommen.

01:12:18: Ja, und dieses 30-milligramm-Einstiegskapsel,

01:12:21: das impliziert ja, dass das so eine geringe Dosis ist.

01:12:24: Ist es überhaupt nicht ... - Nee, wirklich nicht.

01:12:26: Also, ich wirklich, 5-milligramm-Unterschied merke ich schon deutlich.

01:12:30: Ja, manchmal wirklich deutlich.

01:12:32: Ich hab jetzt mal so ein bisschen die Anzeichen für eine Überdosierung

01:12:35: rausgeschrieben, damit ihr es einfach mal gehört habt.

01:12:38: Ich will dazu auch sagen, es wird zum Beispiel auch gesagt,

01:12:41: dass wir uns nicht so viel Appetitlosigkeit sind.

01:12:43: An der Stelle würde ich das einfach mal kurz verneinen.

01:12:46: Ich glaube nicht, dass es eine normale Nebenwirkung ist,

01:12:49: weil wir reden ja eigentlich davon,

01:12:51: das ist jetzt auch irgendwie unfair, wahrscheinlich,

01:12:53: dass ich das so sage, aber das ist meine eigene Meinung.

01:12:56: Wir reden ja davon, dass wir eigentlich den Dopaminspiegel so haben wollen,

01:12:59: wie der bei Menschen ist, die kein ADHS haben.

01:13:02: Und Menschen ohne ADHS haben keine Appetitlosigkeit

01:13:04: und haben auch keinen Schlafmangel.

01:13:06: Das heißt, es spricht für mich schon wieder dafür,

01:13:09: ich weiß jetzt aber ehrlich gesagt nicht,

01:13:11: was für Wirkstoffe noch in dem Medikament sind,

01:13:13: die das vielleicht auch auslösen könnten.

01:13:15: Aber eigentlich werden das ja schon auch Nebenwirkungen von Dopamin,

01:13:19: weil es hat man ja auch, wenn man jetzt zum Beispiel

01:13:21: andere Schimulanzien missbrauchen würde.

01:13:23: Genau.

01:13:24: Also, die normale Wirkung sollte sein beruhigend.

01:13:27: Das heißt, die innere Unruhe wird weniger.

01:13:29: Manche erzählen sogar, sie nehmen die Medikamente

01:13:31: und schlafen das erste Mal in ihrem Leben.

01:13:33: Erst war für eine Woche quasi durch,

01:13:36: weil sie das erste Mal Schlaf spüren.

01:13:38: Dass sie durch die Medikamente generell ihre Bedürfnisse

01:13:40: besser spüren, auch so was wie, wann sie hungrig sind,

01:13:43: aber vor allem auch, wann sie satt sind.

01:13:45: Weil gerade so überessen viel mit Dopamin auch zu tun hat.

01:13:48: Dann halt viele sagen, sie haben weniger bis keine Panikattacken.

01:13:51: Die Impulsivität lässt nach.

01:13:53: Also, viele beschreiben, dass sie so Emotionen quasi wieso spüren.

01:13:57: Also, dass sie halt spüren, wenn die Emotion sich aufbaut

01:13:59: und die nicht so gleich rausbricht, sondern sie halt schon spüren,

01:14:03: bevor die halt so intensiv ist, dass man sie spüren muss sozusagen.

01:14:06: Absolut, das ist bei mir sehr stark.

01:14:08: Dass der Fokus leichter lenkbar ist,

01:14:10: dass du jetzt eine Tätigkeit machst, jemand bespricht was mit dir

01:14:13: und du kannst dann einfach wieder mit der Tätigkeit weitermachen,

01:14:16: und dass halt die Reizfilterung einfach besser funktioniert.

01:14:19: Das ist das, was halt sehr viele beschreiben.

01:14:21: Das ist eigentlich auch so ein bisschen die optimale Wirkung,

01:14:24: die man sich so damit erhofft.

01:14:26: Und dass die Reizfilterung besser funktioniert,

01:14:28: bedeutet halt auch, dass man nicht komplett erschlagen ist,

01:14:31: wenn man vielen Reizen ausgesetzt ist,

01:14:33: dass man danach nicht völlig fertig ist in der Tag,

01:14:36: wobei, ich muss sagen, dass bei mir trotzdem so,

01:14:38: als ich reagier, fast komplett gleich auf Reize,

01:14:41: aber ich spüre jetzt, wenn es mir zu viel wird.

01:14:43: Das habe ich davor einfach nicht gespürt,

01:14:46: weil ich dann wie in so einem Dopaminrausch quasi war.

01:14:48: Oder so dissoziiert war.

01:14:50: Bei Überdosierung ist es so, man hat Schlafstörungen,

01:14:53: Appetitlosigkeit, Herzrasen, übermäßiges Schwitzen,

01:14:55: innere Unruhe, Nervosität, Panikattacken,

01:14:57: extreme Energiegeladenheit oder auch so einen künstlichen Fokus.

01:15:01: Also so, dass man zum Beispiel, das haben wir auch ein paar geschrieben,

01:15:04: dass man das ja irgendwie ...

01:15:06: Also zum Beispiel bei Ritalin, wenn man das als Droge nimmt,

01:15:09: ist es ja so, dass viele dann so sagen, ja, dann musst du,

01:15:12: aber ich hab das mal gelesen, als ich im Studium darüber nachgedacht hab,

01:15:16: ob ich Ritalin nehmen sollte, um vielleicht besser lernen zu können.

01:15:19: L-O-L.

01:15:21: (Lachen)

01:15:22: Schwarz ist nicht getan. - Hab ich nicht getan.

01:15:24: Ich hab so viel Angst vor Drogen.

01:15:26: Aber auf jeden Fall haben die geschrieben,

01:15:28: dass man da aufpassen muss, das waren neurypysche Menschen,

01:15:32: aber weiß man jetzt auch nicht, wo man sich hinsetzt,

01:15:34: also einer meinte irgendwie, der muss sich immer an Schreibzusetzungsmedikament

01:15:38: oder halt Ritalin nehmen und dann immer direkt anfangen zu lernen,

01:15:41: weil sonst, wenn das anfängt zu wirken, und er was anderes macht,

01:15:44: kann es sein, dass er das macht, bis die Wirkung aufhört.

01:15:47: Dass er quasi dann auf Toilette sitzt und seinen Klubapier anstatt,

01:15:50: das macht er dann sechs Stunden lang.

01:15:52: Und das ist halt so ein künstlicher Fokus,

01:15:55: der halt auch für eine Ibo-Disierung einfach spricht.

01:15:57: Hab ich das gut erklärt, ja, oder? - Mhm.

01:15:59: Genau.

01:16:00: Und das sind halt eher so Überdossierungen,

01:16:03: die schreiben, sie können gar nichts essen

01:16:05: während dem Medikament und haben dann Heiß-Hungerattacken.

01:16:08: Was auch dafür spricht, dass es halt vielleicht ne zu hohe Dosis ist

01:16:11: und dass man da vielleicht mal probieren könnte, einfach runterzugehen.

01:16:15: Aber auch genau, das ist jetzt das, was ich so recherchiert hab,

01:16:18: aus Erfahrungsbrichten, aber auch so aus Beiparkzetteln und so.

01:16:22: Ja.

01:16:23: Bin ich zu ergänzen.

01:16:24: Ja, also ich will jetzt einfach nur noch mal vielleicht abschließend dazu sagen,

01:16:28: dass, also wenn ihr euch jetzt dazu entscheiden solltet

01:16:30: oder euer Kind euch darum bittet,

01:16:32: welche Symptome auch achten, dass ihr wirklich halt sehr niedrig anfangt

01:16:35: und da auch mit eurem Kind halt viel Rücksprache haltet,

01:16:38: wie es sich fühlt. - Ja.

01:16:40: Und ich würde da tatsächlich auch wirklich gucken,

01:16:42: im Zweifel sollte sich das einfach nicht schlecht anfühlen.

01:16:45: Also, wenn sich das Medikament schlecht anfühlt,

01:16:47: dann lohnt es sich einfach nicht, das zu nehmen.

01:16:49: Ja. - Das ist jetzt meine persönliche Meinung.

01:16:52: Würde ich so unterstreichen. - Ja.

01:16:53: Im Idealfall sollt ihr davon profitieren können.

01:16:56: Und es sollte eigentlich gar nicht spürbar sein,

01:16:58: im ersten Moment, dass ihr überhaupt Medikament genommen habt.

01:17:01: Und es wird dann rückwirkend oder rückblickend für uns so auffällig wird,

01:17:05: weil wir uns dann vergleichen mit unserem Ich,

01:17:08: was keine Medikamente genommen hat.

01:17:10: Aber in dem Moment selber solltest du es nicht so intensiv spüren.

01:17:13: Ja. - Ja.

01:17:14: Es ist aber auch total wichtig zu sagen,

01:17:16: dass die Wirkung von dem Medikament auch von Faktoren abhängen,

01:17:21: wie halt Tagesform, aber auch vor allem.

01:17:25: Also bei mir ist das zum Beispiel sehr stark mit Hunger.

01:17:28: Wenn ich Hunger hab, dann bekomme ich auch ähnliche,

01:17:31: also bekomme ich eigentlich auch Überdysesierungserscheinungen,

01:17:34: die aber nur deinen kommen, wenn ich essen muss.

01:17:37: Und wenn ich dann esse, dann sind die auch wieder weg.

01:17:39: Aber das hab ich gar nicht mehr, das hatte ich bei Medikinit.

01:17:42: Ja, ich hab das zum Teil auch noch.

01:17:44: Also es kann auch damit zusammenhängen.

01:17:46: Also zum Beispiel hat Essen auch einen Einfluss darauf,

01:17:49: wie man sich dann fühlt mit dem Medikament.

01:17:51: Oder auch schlaft, wenn man zu wenig schläft,

01:17:54: dann kann es auch unangenehm werden und so.

01:17:56: Also da muss man halt auch immer schauen,

01:17:59: was gerade mit Zustand so.

01:18:01: Was ich auch noch wichtig finde, oder wo ich noch einen Gedanken mitgebe,

01:18:04: ist, dass viele haben mir geschrieben,

01:18:07: dass ich während meiner PMS-Unperiode die Dosierung verdoppeln soll,

01:18:10: weil halt Östro-Gänen oder Prokrestaron und Dopamin

01:18:14: halt auch irgendwie sich so ...

01:18:15: Gegenseitig weiß gar nicht genau, was da die Mechanismen sind.

01:18:19: Aber es ist auf jeden Fall so,

01:18:20: dass der Dopaminmangel an den Tagen noch mal irgendwie stärker ist.

01:18:24: Ich persönlich hab mich dazu entschieden, das nicht zu machen,

01:18:27: sondern es hat einen logischen Sinn,

01:18:29: dass man sich an den Tagen zurückzieht und ein bisschen ruhiger macht.

01:18:33: Und es geht ja auch neurotypischen Frauen so.

01:18:35: Das ist ja ein ganz normaler Teil des Zyklus.

01:18:37: Und die Medikamente nehme ich an den Tagen trotzdem,

01:18:40: meine ganz normale Dosis.

01:18:42: Das ist auch die Dosis, die ich mir über den ganzen Monat,

01:18:45: wo es mir am besten geht.

01:18:46: Und an den Tagen bin ich weniger leistungsfähig.

01:18:49: Und das finde ich auch okay.

01:18:50: Da nehme ich mir auch meine Pausen und da schlafe ich mehr.

01:18:54: Ich würde jetzt nicht sagen, dass das jeder so machen soll oder so.

01:18:57: Ich glaube, es gibt auch Menschen, die so krass PMS haben,

01:19:00: dass die das einfach höher dosieren müssen,

01:19:02: weil sie sonst wirklich einfach wieder eine Depression landen.

01:19:06: Ich hab persönlich auch oft die Versuchung,

01:19:08: dass ich mir denke, heute will ich mehr nehmen,

01:19:11: damit ich besser funktioniere, damit ich mehr machen kann.

01:19:14: Ich mach das eben genau deshalb nicht, weil ich mir denke,

01:19:17: das ist nicht zielführend, weil das meinen Körper ausbeutet.

01:19:20: Und es ist eine natürliche Grenze, die ich nicht überschreiten möchte.

01:19:24: Ich muss auch sagen, dass ich da zum Teil kritisch eingestellt bin,

01:19:27: und ich höre, dass meine Klient*innen

01:19:30: ihre Dosis signifikant erhöhen,

01:19:33: während der Periode oder PMS vor allem.

01:19:37: Ich verurteile auf gar keinen Fall diese Entscheidung.

01:19:42: Aber ich finde schon, dass wir da kritisch hingucken sollten,

01:19:45: woher das kommt.

01:19:46: Weil unabhängig von einer ADHS

01:19:49: sprechen wir ja jetzt schon länger darüber

01:19:52: und gibt es ja auch feministische Bewegungen,

01:19:54: dass quasi das ist eine Art von Karenzoerlaub gibt im Monat,

01:19:58: wo Frauen, die stark unter PMS leiden, sich zurückziehen dürfen.

01:20:03: Aus ihrem Job, was ich total legitim und sehr sinnvoll finde.

01:20:06: Weil dein Körper macht da gerade was durch

01:20:09: und du bist dadurch nicht so leistungsfähig wie sonst.

01:20:12: Und dann kommt dieses Medikament ins Spiel

01:20:14: bei Frauen mit ADHS oder menstruierenden Personen.

01:20:17: Und dieses Medikament sorgt dafür,

01:20:19: dass wir da noch mehr eingreifen und uns noch leistungsfähiger machen.

01:20:23: Obwohl wir eigentlich davon weg wollten.

01:20:25: Also klar, wir sprechen jetzt von einer Kombination aus ADHS und Periode.

01:20:30: Und nicht nur Periode.

01:20:32: Aber es sorgt ein bisschen für unbehagen.

01:20:37: Wenn ich darüber nachdenke, dass wir uns da weiter reinpushen.

01:20:41: Wie gesagt, an meine ... - Zu kleinen Männern zu werden.

01:20:44: Ja, genau.

01:20:45: An meine Klienten, die das jetzt hören werden,

01:20:48: so do your thing.

01:20:49: Ihr wisst ganz genau so, ich verurteile das auf keinen Fall.

01:20:52: Ich möchte das trotzdem weiterhin kritisch betrachten können.

01:20:55: Weil ich nicht möchte, und das ist auch mein Ansatz im Coaching,

01:20:59: dass wir uns über unsere Grenzen hinauspushen.

01:21:01: Genau. Das wollte ich jetzt auch gerade noch mal sagen.

01:21:04: Ich wollte nur sagen, dass das nichts ist

01:21:06: und warum ich das nicht mache.

01:21:08: Also warum ich mich dagegen entschieden habe.

01:21:11: Weil ich das irgendwie wichtig finde,

01:21:13: meinem Körper da den Raum zu geben, den er braucht.

01:21:16: Und ich kann aber auch verstehen,

01:21:18: wenn andere vielleicht dieses Privileg nicht haben,

01:21:20: sich diesen Raum zu geben.

01:21:22: Also, ich glaube fest daran,

01:21:24: dass Medikation sehr hilfreich sein kann und sehr unterstützend.

01:21:28: Aber genauso wichtig ist es mir,

01:21:29: dass Menschen mit ADHS und/oder Autismus

01:21:32: sich mit ihrer Neurodivergänz zum einen auseinandersetzen.

01:21:35: Also Psychoeducation betreiben,

01:21:36: egal ob selbstständig oder sich anleiten lassen von jemandem.

01:21:39: Und dass auch irgendeine Form von Therapie oder Coaching gemacht wird,

01:21:43: wenn großer Leidensdruck besteht.

01:21:45: Also ich glaube, dass es extrem wichtig ist,

01:21:48: dass wir unsere Grenzen und Bedürfnisse richtig kennenlernen.

01:21:52: Und dass wir auch lernen,

01:21:54: das adäquate im Alltag quasi anzugehen.

01:21:56: Also heißt Grenzen stecken,

01:21:58: diese auch einhalten, so gut es geht.

01:22:01: Unsere Bedürfnisse ernst nehmen und den nachgehen.

01:22:04: Und so, also ich finde es immer schwierig,

01:22:07: wenn Medikation ja auch teilweise von Ärztinnen und Ärzten

01:22:11: als allererstes empfohlen wird.

01:22:13: Weil die Medikation macht zwar,

01:22:15: dass deine neuronalen Strukturen besser funktionieren,

01:22:18: aber du weißt trotzdem nicht so viel über dich

01:22:21: und deine Neurutti weggehend.

01:22:22: Und ich glaube, dass die Gefahr höher ist, Medikation ...

01:22:27: Wie sage ich das am besten?

01:22:30: Also nicht zu missbrauchen,

01:22:32: aber sich einzig und allein darauf zu stützen

01:22:34: und dann trotzdem ungesunde Strukturen weiter zu verfolgen,

01:22:37: nur halt eben, indem man besser funktioniert.

01:22:40: Und dann noch mehr über seine Grenzen gehen kann.

01:22:43: Und wahrscheinlich, also eine relativ hohe Wahrscheinlichkeit besteht,

01:22:46: dass du über deine Grenzen gehst und ungesund lebst.

01:22:49: Ja, ich glaube, das kann eben auch passieren.

01:22:52: Mir ist das mit Medikinit auf jeden Fall passiert,

01:22:55: dass ich halt dann relativ hohe Dosis genommen habe,

01:22:59: mich in das weiter ausgereizt habe.

01:23:01: Und irgendwann hat es mich total geschlaucht.

01:23:03: Also irgendwann habe ich gemerkt,

01:23:05: es hat mich extrem runtergezogen.

01:23:07: Weil ich aber auch die ganze Zeit so ...

01:23:09: Ich habe immer weitergemacht.

01:23:11: Mein Verstand hat mir schon gesagt,

01:23:13: eigentlich brauche ich eine Pause, aber ich war so, nee,

01:23:16: ich kann das jetzt alles machen, geil, weiter.

01:23:19: Und irgendwann kommt dann, glaube ich, auch einfach die Quittung.

01:23:22: Das setzt sich nicht ewig auf, Rechterheiten.

01:23:25: Und ich denke auch so, diese Strategien,

01:23:27: die braucht man einfach so oder so.

01:23:29: Ja, definitiv.

01:23:31: Also, es ist ja was, was wir im Coaching auch sehr viel bearbeiten.

01:23:34: So wie baust du dir dein Leben auf, so dass es dir gut tut.

01:23:37: Und ich war in langer Zeit eine Verfechterin davon,

01:23:40: dass du dir dein Leben nur schlau genug zusammenbasteln musst,

01:23:43: damit alles für dich funktioniert.

01:23:45: Ja, habe ich jetzt klargemacht,

01:23:47: dass ich nicht mehr so, also ich glaube,

01:23:49: die Medikation kann einfach dabei unterstützen,

01:23:52: dass es mir auch wirklich gut damit geht.

01:23:54: Und ich einfach den Leidensdruck noch mehr minimiere.

01:23:57: Nichtsdestotrotz ist es für mich der allererste Ansatz,

01:24:00: dass wir erst mal gucken, wie lebst du eigentlich?

01:24:02: Was sind eigentlich deine Grenzen?

01:24:04: Was ist überhaupt realistisch?

01:24:06: Weil wir tendieren ja auch dazu, uns total zu übernehmen,

01:24:09: die ganze Zeit.

01:24:10: Tausend Sachen auf einmal machen zu wollen, Tausend Projekte.

01:24:14: Auch neurotypische Menschen.

01:24:15: Die können das auch kommunizieren, aber das von anderes Thema.

01:24:18: Und auch akzeptieren können.

01:24:20: Ja, akzeptante Grenzen.

01:24:22: Ich leist jetzt einfach mehr als alle anderen.

01:24:24: Ja, voll.

01:24:26: Wenn du das nicht verstanden hast und dann Medis nimmst

01:24:29: und dich weiter pushst,

01:24:30: da leuchten bei mir so ein bisschen die Alarmsignale auf.

01:24:34: Weil ich glaube, dass es dann auch eine hohe Tendenz gibt

01:24:38: Richtung Arbeitssucht oder auch so.

01:24:41: Zumindest meine ich das zu beobachten,

01:24:44: wenn du sowieso eine Tendenz zum Oka-Hollig hast,

01:24:46: mit Medikationen, dann noch besser funktionierst.

01:24:49: Deine Grenzen aber nicht richtig kennst,

01:24:51: dich da komplett reinsteigern kannst auch einfach.

01:24:54: Für eine Weile, solange es gut geht.

01:24:56: Ich finde halt das Thema Grenzensetznis ist so zentral,

01:24:59: weil ich finde das so schwierig überhaupt irgendwie,

01:25:02: also so anzusetzen und irgendwie auch so zu lernen,

01:25:06: wo adäquate Grenzen sind.

01:25:07: Also, keine Ahnung.

01:25:10: Darf ich kurz ein Beispiel aus unserem Alltag sagen?

01:25:14: Ich habe irgendwie jetzt angefangen,

01:25:16: Martin's Wäsche nicht mehr zu falten.

01:25:18: Ich glaube, ich hätte mir das früher einfach nicht erlaubt,

01:25:21: weil mir das so passiv aggressiv vorgekommen wäre.

01:25:24: Weil ich quasi, wie kann ich mir das rausnehmen,

01:25:26: die Wäsche von meinem Partner nicht zu falten?

01:25:29: Aber ich habe halt manchmal Zeit dazu, aber eben auch nicht so viel.

01:25:32: Und irgendwo muss ich halt einen Strich machen.

01:25:35: Es funktioniert für mich persönlich nicht so gut,

01:25:37: mittendrin einfach aufzuhören, weil das kann ich irgendwie nicht.

01:25:41: Ich muss so ein Task beenden.

01:25:42: Ich könnte die Wäsche noch nicht selber machen.

01:25:45: Ich mache meine Wäsche sowieso selber, warum nicht.

01:25:47: Aber Martin's Wäsche muss ich nicht unbedingt falten,

01:25:50: weil das kann er auch selber.

01:25:51: Das haben wir dann einfach auch so klar kompliziert.

01:25:54: Und dann, also ich glaube, dass man auch so ein bisschen weggehen muss,

01:25:58: von dem, ja, wenn ich jetzt eine Grenze setze,

01:26:00: ist es gleich irgendwie was passiv aggressives oder was gemeines

01:26:03: oder schadet dem anderen oder so, weißte ich meine.

01:26:06: Also ich glaube, zumindest ist es so ein Glaubenssatz bei mir,

01:26:09: wo es mir dann immer so schwer fällt,

01:26:11: wie zu, ich würde noch ein anderes Beispiel nennen,

01:26:13: vielleicht nicht in Bezug auf andere Personen,

01:26:16: aber einfach nur so als Individuum aus meinem Klient*innen-Repertoire.

01:26:20: Ich glaube, dass einige zu mir ins Coaching kommen,

01:26:23: die so eine Tendenz haben, sehr, sehr viele Dinge,

01:26:26: verschiedene Dinge an einem Tag zu machen.

01:26:28: Und nicht auf dem Schirm haben,

01:26:30: dass Zeit nicht ihre einzige Ressource ist,

01:26:33: sondern auch ihre persönliche Energie.

01:26:35: Und viele Ereignisse am Tag könnten auch mehr Draining sein,

01:26:39: als man vielleicht erwartet.

01:26:41: Und die Erwartungshaltung ist so ein bisschen,

01:26:43: dass man das trotzdem, dass man das ja alles irgendwie schaffen kann.

01:26:46: Aber das ist zum Beispiel was, wo ich auch sage,

01:26:49: also für mich gibt es eine Faustregel,

01:26:50: was gesund und machbar ist an einem Tag.

01:26:52: Und da gehen wir nicht drüber hinaus,

01:26:54: ob mit oder ohne Medis, das ist mir egal.

01:26:56: Also nur weil du Medis jetzt nimmst, heißt es nicht,

01:26:59: dass du jetzt plötzlich fünf Sachen mehr am Tag machen kannst.

01:27:02: Wir finden für dich raus, was dir gut tut,

01:27:04: wie viel Zeit du brauchst, um Sachen zu verarbeiten,

01:27:07: was vielleicht auch einfach realistisch ist.

01:27:09: Was du täglich unterkriegen möchtest.

01:27:11: Und dabei bleibt es.

01:27:13: Der goldene Schnitt ist bei zwei bis drei Aktivitäten am Tag.

01:27:17: Ja, aber würdest du sagen,

01:27:19: weil ich habe gute und schlechte Tage,

01:27:21: das haben wir vorhin darüber gesprochen,

01:27:23: man orientiert sich dann an den guten Tagen.

01:27:25: Wenn ich mich an den schlechten Tagen orientiere,

01:27:27: würde ich ja gar nichts machen.

01:27:29: Nee, ich würde schon nach den guten Tagen gehen.

01:27:31: Da mach ich es ganz gut.

01:27:33: Ja, was ich da der Stelle auch noch vielleicht spannend finde zu sagen,

01:27:37: ist einfach, dass wenn man halt nur Medikamente nimmt

01:27:40: und dann aber halt seine Lebens, also sein Leben nicht verändert,

01:27:43: zum Beispiel auch nicht versucht,

01:27:45: seine eigenen Grenzen zu spüren und eben da halt nicht reingeht

01:27:48: und sein Verhalten auch einfach ändert,

01:27:50: dann können ja auch die Gehirnstruktur gar nicht wachsen.

01:27:53: Also dann bringt es euch wirklich einfach gar nichts.

01:27:55: Und ich glaube, das führt dann auch dazu,

01:27:57: dass man immer mehr und immer mehr braucht.

01:27:59: Weil man dann einfach immer die Grenzen weiter nach hinten verschieben will.

01:28:03: Also ich würde es dann auch so in der Richtung Medikamenten

01:28:06: gar keine Selbstversorge neben Medikation quasi sozusagen macht.

01:28:11: Ja.

01:28:12: Und gleichzeitig können ja die Medis auch dazu beitragen,

01:28:15: dass du dich selber besser spürst.

01:28:16: Also ich glaube, das ist ja auch was, was ich hab ja relating könnt.

01:28:20: Aber in meinem ADHS-Wahn hab ich manchmal schon einfach

01:28:22: gesämtliches Gefühl dafür verloren,

01:28:24: wie es mir gerade an einem Tag eigentlich geht.

01:28:27: Und durch die Medis verfolge ich den gleichen Strang,

01:28:30: aber merk viel besser, was mich schafft.

01:28:32: Also ich glaube, dass man da auch sehr profitieren kann,

01:28:36: von den Strukturen mal mit und mal ohne Medis auch zu beobachten

01:28:40: und zu gucken, wie geht's mir eigentlich damit?

01:28:42: Fehlt mir hier irgendwas oder ist mir was zu viel?

01:28:44: So wie kann ich das vielleicht anpassen?

01:28:46: Und da auch mal so einen Vergleich zu ziehen.

01:28:49: Aber ich glaube, das ist auch ...

01:28:50: Ich glaube, wir haben jetzt ja vorher noch mal

01:28:53: über die Überdosierungssymptome gesprochen.

01:28:55: Und ich glaube halt, sobald man so eine leichte Überdosierung hat,

01:28:58: die halt nicht unbedingt unangenehm ist oder nicht so sehr unangenehm,

01:29:01: aber halt schon auch so zu fühlt, dass man jetzt so mega viel Energie hat

01:29:05: und dass man dann auch sehr schnell dazu tendiert,

01:29:07: das alles gar nicht mehr zu spüren und überall sämtliche Grenzen

01:29:10: einfach drüber zu rennen.

01:29:11: Ja, aber da ist es ja ... Also das war ja, glaube ich,

01:29:14: auch schon der Konsens, dass wir ...

01:29:16: Oder ich glaube, ich hab's gar nicht, hab's mir gedacht,

01:29:18: aber nicht ausgesprochen, dass wir, wenn wir Medikamente nehmen,

01:29:21: uns einfach auch ein bisschen ...

01:29:23: Dass wir mehr oder bewusster uns beobachten sollten

01:29:25: und gucken, wie geht's uns jetzt gerade damit?

01:29:28: Sobald ihr ... Wir haben ja jetzt vieles genannt,

01:29:30: wie ihr euch beobachten könnt, unter welchen Aspekten.

01:29:33: Wenn ihr so was merkt, einfach mal rumprobieren,

01:29:36: welche Dosis für euch funktioniert,

01:29:38: solltet ihr vielleicht ein bisschen weniger nehmen.

01:29:40: Und dann, wenn man das quasi für sich so herausgefunden hat,

01:29:44: welche Dosis gut ist, welches Präparat gut ist,

01:29:46: dann noch mal die anderen Aspekte beleuchten im Alltag.

01:29:51: Mein Psychiater meinte auch noch eben auch,

01:29:54: Psychoeducationen, Selbsthilfegruppen meinte er,

01:29:57: sind bei seinen Patientinnen immer Patient*innen immer richtig ...

01:30:01: Also gut angekommen, so musste ich irgendwie ein bisschen schmunzeln,

01:30:04: weil ich dachte, na ja, ich brauche mich jetzt nicht mit Betroffenen

01:30:08: austauschen, ich kenn genug, so meine ganze Familie eigentlich,

01:30:11: aber ja, genau wenn ihr halt keine Betroffenen- Freund*innen habt,

01:30:15: dann kann es auch sehr helfen.

01:30:16: Und was er auch meinte, regelmäßig Ausdauersport machen.

01:30:19: Ich glaube, weil das auch noch mal so den ...

01:30:22: Den Energiehaushalt oder den Neurotransmitthaus halt ausgelegt.

01:30:25: Generell Sport. - Ja.

01:30:26: Also Geld, ne? Also nicht nur Ausdauersport,

01:30:29: so alles, was dich auspowert.

01:30:31: Genau. - Und Meditation.

01:30:33: Und ich muss sagen, von Meditation, das habe ich erst ...

01:30:36: Also Martin sagt es mir schon seit Jahren, dass ich es machen soll,

01:30:40: aber ich habe es jetzt erst angefangen,

01:30:42: ich glaube auch, weil ich durch die Medikamente

01:30:44: jetzt die Kapazitäten dazu habe, davon profitiere ich krass.

01:30:47: Also das merke ich wirklich sehr, sehr stark.

01:30:49: Ich habe das Gefühl, ich spüre auch meinen Körper,

01:30:51: da ich noch mal sehr viel stärker jetzt.

01:30:54: Ja. - Ja.

01:30:55: Sehr gut.

01:30:56: Dazu vielleicht noch mal ganz kurz einen Satz,

01:30:59: weil das häufig auch ein Therapiethema ist.

01:31:01: Ich biete auch manchmal so Artenmeditationen

01:31:04: zum Abschluss der Therapieeinheit,

01:31:06: wovon auch die Klientes meistens sehr profitieren

01:31:08: und sich das auch um mal explizit wünschen, dass wir das machen.

01:31:11: Wenn euch die Vorstellung von Meditation aber zu sehr pressured,

01:31:15: dann versucht euch einfach mal für zwei Minuten

01:31:18: einen Timer zu stellen und euch auf euer Bett zu legen

01:31:21: und einfach nur an die Decke zu schauen.

01:31:23: Und dann guckt mal, was passiert.

01:31:25: So, es sind nur zwei Minuten. - Das heißt auch.

01:31:28: Wir haben überhaupt kein Leistungsanspruch verbunden.

01:31:31: Ihr müsst dafür nichts machen außer euren Timer stehen.

01:31:34: Ihr könntet es auch ohne Timer machen.

01:31:36: Und euch einfach mal hinlegen und für ein paar Minuten die Decke anstarren.

01:31:39: Allein das, also den Gedanken so freien Lauf geben,

01:31:42: sich selber mal wieder spüren, das macht schon so viel mit einem.

01:31:45: Und diese Zeit nehmen wir uns als neuredivergente Person nie,

01:31:48: aber auch neurotypische Person nehmen sich das nicht oft genug.

01:31:52: Das mache ich auch generell. - Das könnte man auch

01:31:54: Meditationen bezeichnen, wenn ich sage.

01:31:56: Das mache ich schon sehr lange, dass ich mich einfach,

01:31:59: wenn ich merke, mir geht es gar nicht mehr gut hinlege

01:32:02: und einfach gar nichts mache.

01:32:04: Ich weiß nicht, ob ich ...

01:32:06: Zum Beispiel mache ich auch, versuche ich gar nicht mehr

01:32:09: zwei Sachen gleichzeitig zu machen,

01:32:11: nicht mehr so irgendwas anhören und gleichzeitig Wäsche halten.

01:32:15: Ich weiß nicht, ob das nur geht, weil ich autistisch bin

01:32:18: und nicht nur ADHS habe.

01:32:20: Aber ich würde eigentlich auch Menschen mit ADHS raten,

01:32:23: am besten immer nur eine Sache gleichzeitig zu machen

01:32:26: und dann sagen, du sagst, weil ich hab das beobachtet bei mir,

01:32:29: seitdem ich demaskiert habe und so aware bin über meinen ADHS,

01:32:33: mache ich ganz viele Sachen, haben sich von alleine abgeschafft.

01:32:37: Also, dieses mit irgendwie vorm Fernseher einschlafen,

01:32:40: das stört mich mittlerweile total,

01:32:42: weil ich merke richtig, wie das mein Nervensystem dysreguliert.

01:32:45: Ich hatte das letzten Tage auch. - Exakt.

01:32:48: Und ich will das noch nicht richtig loslassen.

01:32:50: Aber ich hatte die letzten Tage gemerkt,

01:32:52: dass ich Panikattacken bekomme vom Fernseher.

01:32:55: Ich kann total nachvollziehen.

01:32:57: Ich hatte das auch mit Musik hören oder nebenbei Podcasts

01:33:00: oder Hörbücher hören permanent.

01:33:03: Manchmal mache ich das noch, aber es ist genau das, was du sagst.

01:33:06: Das hat sich voll abgeschafft.

01:33:08: Ich habe gemerkt, es ist viel besser. - Ja, ich finde es besser.

01:33:12: Und was ich noch sagen wollte zur Meditation,

01:33:15: wenn ihr zu unruhig seid, euch hinzusetzen

01:33:18: und auf euren Atem zu achten oder was auch immer.

01:33:21: Das geht gar nicht. - Das geht gar nicht, finde ich.

01:33:24: Man kann natürlich von der Zeit her ganz kurz machen,

01:33:27: dass man die Zeit ausdehnt.

01:33:29: Aber was auch noch eine gute Idee ist, ist vielleicht Yoga.

01:33:32: Bei Yoga könnte man auch als eine Art Meditationen sehen,

01:33:35: bei der man sich körperlich noch bewegt.

01:33:38: Ich glaube, da ist es leichter, dabei zu bleiben.

01:33:40: Und hat, glaube ich, auch im Endeffekt einen ähnlichen Effekt,

01:33:44: wie so reine Sitzmeditationen.

01:33:46: Was ich aber bei so Meditation gerade,

01:33:48: wenn der Geist so unruhig ist,

01:33:50: Martin beschreibt es immer wie so ein Affe,

01:33:53: der so im Kopf hin und her ist. - Der Affengeist.

01:33:55: Aber das fühlt sich wirklich so an, wenn man meditiert.

01:33:58: Aber was ich da auch sehr fasziniert finde,

01:34:01: ist, dass man je länger man da sitzt und es einfach versucht,

01:34:04: irgendwie zu akzeptieren, dass der Geist jetzt rumhüpft,

01:34:06: dass er dann irgendwann einfach aufhört.

01:34:09: Das ist immer so ein richtig geiler Punkt,

01:34:11: wenn man so nach 20 Minuten da sitzt und dann so merkt,

01:34:13: warte mal, es hat ja aufgehört jetzt.

01:34:16: Das hab ich manchmal nach 40 Minuten gehabt,

01:34:18: so 40 Minuten so, zack.

01:34:20: 40 Minuten da gesessen und die jetzt so ... - Muss man erst mal die Zeit für haben.

01:34:24: Ich wollte gerade sagen, ich glaub,

01:34:26: mein Ansatz ist wirklich deutlich niedrigschwelliger,

01:34:28: weil ich erlebe, wie viele Entspannung prokrastinieren.

01:34:31: Also, weil zu viele Schritte damit verbunden sind,

01:34:34: weil es einem zu aufwendig erscheint,

01:34:36: weil man nicht bereit ist, die Zeit darin zu investieren usw.

01:34:39: Und ich möchte nicht, dass meine Klientie sich davon abhalten,

01:34:42: was ihnen gut tut, nur weil es irgendwie aufwendig erscheint.

01:34:46: Deswegen finde ich, so, sich zurückziehen

01:34:48: und einfach mal wieder selbst spüren

01:34:50: und Bewusstsein schaffen für die eigenen Gefühle,

01:34:53: für den Körper usw.

01:34:54: Reicht manchmal schon.

01:34:57: Ihr könnt das jederzeit steigern, wenn ihr wollt.

01:34:59: Wenn ihr merkt, es geht ja vor allem auch um die Entwicklung

01:35:03: von Routinen ganz viel immer im Coaching.

01:35:06: Und Entspannung sollte eine Routine sein.

01:35:08: Aber meistens starten Routinen ja ganz klein.

01:35:11: Also so, indem man z.B. einmal die Woche es schafft,

01:35:13: sich aktiv hinzusetzen und sich zu spüren.

01:35:16: Und das kannst du steigern in einem Jahr oder zwei hinzu.

01:35:19: Ich meditiere jeden Abend vom Schlafengehen.

01:35:21: Aber es sollte nicht von Anfang an der Anspruch sein,

01:35:24: wenn du merkst, dass dir das Schwierigkeiten vertreibt.

01:35:27: Es geht auch gar nicht, immer dieses alles oder nichts prinsen.

01:35:30: Dann passiert es nämlich nicht. Wir kennen es ja.

01:35:33: Aber find ich voll schön, dass du das sagst,

01:35:35: mit dem Sachen gleichzeitig machen.

01:35:37: Weil ich hatte immer so Angst, dass ich ein Alien bin

01:35:40: und das nur mir gut tut, aber ich vielleicht an doch gar kein ADHS habe

01:35:43: oder keine Ahnung war es.

01:35:45: Ich habe auch ein Zeigefinger auf andere Zeige.

01:35:47: Was ich mir auch vorstellen kann, ist,

01:35:49: dass wenn man Schwierigkeiten hat, mit sich selbst in Ruhe zu sein,

01:35:53: dass dazu viel auf einen einknallt.

01:35:55: Also zu viel Emotion, zu viel Eindrücke und so.

01:35:58: Weil das ja auch alles verarbeitet werden muss.

01:36:00: Ich habe halt so ein bisschen das Gefühl,

01:36:02: dass dieser Maskierungsprozess wie eine Brille war,

01:36:05: die mir aufgesetzt wurde.

01:36:06: Und wenn du einmal Dinge gesehen hast,

01:36:08: kannst du sie nicht mehr ungesehen machen.

01:36:11: Und dadurch spüre ich viel mehr,

01:36:13: dass man das System betrifft, so wie stark das reagiert auf Sachen,

01:36:16: auf Reize. - Ja.

01:36:18: Und seitdem ich das aktiv wahrnehme,

01:36:20: kann ich gewisse Sachen nicht mehr so machen.

01:36:22: Mein Gäst leitet sich auch die ganze Zeit selbst,

01:36:25: wenn man maskiert. - Ja, voll.

01:36:26: Na ja, und du kannst ja nicht spüren.

01:36:28: Also du wunderst, du spürst vielleicht,

01:36:31: dass irgendwas mit dir passiert, aber du kannst es nicht erklären,

01:36:34: was es ist und es ist nicht greifbar.

01:36:36: Und dann wunderst du dich zum Beispiel,

01:36:38: also nehmen wir mal deine Panikattacken als Beispiel.

01:36:42: Und dann auf eine Überstimulation.

01:36:44: Eine so starke Überstimulation,

01:36:46: dass dein Gehirn nicht hinterherkommt mit der Verarbeitung

01:36:49: und in den Shutdown geht so und du Angst kriegst.

01:36:52: Und das Gleiche ist ja zum Beispiel auch,

01:36:54: ein bisschen niedrigschwelliger vielleicht mal betrachtet,

01:36:57: wenn du in einer sozialen Situation bist

01:36:59: und du merkst, du wirst nervös, du wirst gereizt und so weiter.

01:37:03: Und früher wusst ich nicht, woran das liegt.

01:37:05: Und dann bin ich halt weggegangen oder hab mich betäubt

01:37:07: mit irgendwas Alkohol oder so.

01:37:10: Das ist ja auch so, dass es gerade passieren kann

01:37:12: und kann ganz anders intervenieren.

01:37:14: Deswegen ist Psychoeducation so wichtig,

01:37:16: damit wir die Ursache verstehen.

01:37:19: Cool, ich hoffe, euch hat die Folge gefallen.

01:37:21: Wenn ja, dann teilt sie gerne, lasst fünf Sterne da

01:37:23: und folgt unseren Podcast.

01:37:25: Und dann wünschen wir euch eine schöne Restwoche.

01:37:29: Danke für die Einladung. - Tschüss.

01:37:31: (Dynamische Musik)

01:37:33: SWR 2020

01:37:36: (Dynamische Musik)

01:37:38: SWR 2020

01:37:42: (Dynamische Musik)

01:37:44: Copyright WDR 2021

01:37:46: Danke fürs Zuschauen.

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